In der Waschkaue hängen noch die Püngelhaken unter der Decke. ©mhu

9:49 Uhr, Dortmund Zeche Zollern

Das rote Ziegelmauerwerk setzt sich glänzend ab vom Grau des Tages, das Zechentor ist nicht zum Passieren da. Unter dem linken Bogen steht gedrängt: eine Gruppe von Kindern. Etwa sieben Mädchen und Jungen und eine Frau können sich keinen Platz mehr verschaffen. Ihnen bleibt der Regen. Die meisten Kinder reichen der Frau bis zum Unterbauch, sie tragen Funktionsjacken und Rucksäcke. Dick und gerade fällt das Wasser, es platscht auf Köpfe und Gestein, die uneben asphaltierte Zufahrtsstraße ist pfützenvoll.

Manche stehen stumm, andere reden unverständlich, der eine beugt sich über den anderen, zwei Mädchen beobachten einen Wurm. Es wird gewartet. Ein Moment der Stille, Regengeräusche, Pfützenbeobachtung – dann ist die Frau deutlich zu hören: „Bevor das hier gleich losgeht, esst ihr am besten jetzt eure Brote.“ Die Kinder werden unruhig. Sie hieven sich die Rucksäcke von den Körpern, sagen: „Hast du was zu essen dabei?“ – „Ich hab Nutella!“ – „Aber ich hab doch gar keinen Hunger.“ Die Frau schaut in die Runde: „Drinnen könnt ihr nachher nicht essen. Also esst jetzt.“ Auch sie hat nun ein belegtes Brot in der Hand. Wie auf Kommando beginnen alle gleichzeitig zu kauen. Wieder Stille, Regengeräusche, Pfützenbeobachtung. Die Intensität des Regens nimmt zu. Niemand bewegt sich. Da öffnet sich unter dem rechten Bogen eine Tür. „Ah, erstmal buttern. Richtig so“, ist eine Stimme aus dem Inneren zu hören. Die Frau und die Kinder haben es plötzlich eilig, fast passen sie nicht alle durch den Eingang. 10:00 Uhr



>Zeche Zollern<
Rechts gingen die Bergleute rein, links kamen die Toten raus. ©mhu
Der Eingangsbereich: Rechts gingen die Bergleute rein, links kamen die Toten raus. Heute ist rechts der Museumseingang und links der -ausgang, und auch der Museumsshop. ©mhu
Nicht zu verwechseln mit der Zeche Zollverein“ steht im Wikipedia-Eintrag über die im Dortmunder Stadtteil Bövinghausen angelegte Zeche Zollern. Dabei wird das seit den 1960er Jahren stillgelegte Bergwerk als eine „Ikone der Industriekultur“ gehandelt.
Der vordere Bereich der Tagesanlage gleicht einer dreiflügeligen Schlossanlage und weist Einflüsse des Historismus, des Backsteinexpressionismus und auch des Jugendstil auf. Der „Familienpütt“ ist in Aufbau und Aussage ein Paradebeispiel für den historischen Stellenwert des Bergbaus in der Region. In der Lohnhalle und im Verwaltungsgebäude kann man staunend nachfühlen, wie sich Revier-Stolz und -Identität bilden konnten.

>Eine eigene Sprache<

Die Bergmannssprache ist eine eigene. Begriffe aus dem Bergbau haben sich bis heute erhalten. Etwa der Ausdruck buttern:

„Im Kohlenbergbau entstandene Benennung der Ruhepause zur Nahrungsaufnahme in der Mitte der Schicht. […]  Die Nahrungsmittel wurden zum Schutz vor gefräßigen Mäusen und Ratten in einer flachen Blechdose aufbewahrt – wahrscheinlich leitete sich von von ihrer Ähnlichkeit mit einer ‚Butterdose‘ der Begriff ‚buttern‘ ab. Die Dose bestand, wie auch die große Getränkeflasche (1-2 Liter), zur Vermeidung von Funkenschlag aus Aluminium. Die Flasche wurde mit einem nassen Strumpf umhüllt in den Wetterzug gehängt – durch die entstehende Verdunstungskälte wurden die Getränke kühl gehalten.“

Quelle: Bergmännische Fachausdrücke. miner-sailor.de, Stand: aktualisiert am 21.07.17.


Zeche Zollern – Grubenweg 5 – 44388 Dortmund
Geöffnet: Dienstag–Sonntag sowie an Feiertagen 10–18 Uhr, letzter Einlass 17:30 Uhr. Montags geschlossen (außer an Feiertagen).
Weitere Infos zu Veranstaltungen und Sonderausstellungen gibt es auf der Homepage des Museums.

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