Das Foto zeigt ein riesiges Radioteleskop

Die perfekten Wellen

Folge 1: Strahlung – die Sprache aus dem All

Das Foto zeigt ein riesiges Radioteleskop

Es sucht nach Signalen von weit her: das Radioteleskop in Effelsberg. Gebettet in einen Talkessel mit Öffnung nach Süden steht sie, die weiße Riesenschüssel, 100 Meter breit und 3200 Tonnen schwer und arbeitet! Jeden Tag werden hier Aufnahmen gemacht. Doch für zwei Monate im Sommer nimmt das Teleskop unter der Woche nur nachts Signale auf. Denn dann sind wieder die Maler vor Ort. Mit einem Kran und hunderten Litern Farbe ausgerüstet, streicht das Team in schwindelerregender Höhe ausgesuchte Teile der Schüssel neu an. So auch heute.

„Wenn man die gesamte Farbe zusammenzählen würde, dann sind alleine 30 Tonnen Farbe auf dem Teleskop verstrichen“, sagt Norbert Junkes. Er arbeitet für die Max-Planck-Gesellschaft und hält zwischen April und Oktober bis zu sechsmal am Tag Vorträge im Besucherzentrum des Radioteleskops: „Heute waren es vier“, sagt er. Doch das scheint ihn nicht zu stören. Wenn Junkes von Andromeda, Milchstraße und Sirius erzählt, dann wird der Mann mit Brille und Zeigestock zu einem Wissenschaftler, mit philosophischer und existenzialistischer Weltsicht: „Es geht darum nach Antworten zu suchen: Woher kommen wir; wo gehen wir hin? – kann es etwas Interessanteres geben als das?“

Das Foto zeigt einen Mann vor einem Radioteleskop

Nicht auf der Suche nach E.T.

Natürlich kommt nach Junkes Vorträgen immer wieder die eine Frage: „Sind wir allein?“ Junkes liebt das. Folien mit E.T. und seltsamen Gestalten zeigen Fabelwesen und Außerirdische al la Hollywood. Das Resümee ist jedoch leider ernüchternd: „Wir sind hier nicht auf der Suche nach Außerirdischen“, sagt er. Bei Radiobeobachtungen des Himmels in den 1960er Jahren in England gingen Wissenschaftler davon aus, dass die Signale aus dem All auf Lebewesen zurückzuführen sein müssten. Junkes lacht. Schlussendlich habe man herausgefunden, dass die empfangenen Frequenzen von unfassbar extrem schnell rotierenden Neutronensterne stammten. Kein E.T. oder menschenähnliches Lebewesen wurde bisher entdeckt – schade eigentlich.

Das Radioteleskop…
… in Effelsberg ist bis heute das zweitgrößte, vollbewegliche Radioteleskop der Welt. 1972 wurde es im Talkessel in der Eifel aufgebaut und ist seitdem das Hauptbeobachtungsinstrument des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie mit Sitz in Bonn. Die Max-Planck-Gesellschaft besitzt rund 80 eigene Institute und forscht auf den Gebieten: Naturwissenschaft, Medizin und den Sozialwissenschaften.

Strahlender Fingerabdruck

Dafür untersucht das Radioteleskop ganz wesentliche Teile der Milchstraße. Und die Forschung ist immer noch am Anfang: „Ständig können aus Staub- und Gaswolken neue Sterne und Planeten entstehen.“ Um diese ausfindig zu machen, nutzt das Teleskop eine bestimmte Methode: Es analysiert Radiowellen aus dem All. „Jedes Molekül sendet auf einer bestimmten Frequenz Strahlung aus“, erklärt Junkes. Aus der Intensität der Radiostrahlung errechnet das Teleskop wiederum Dichten und Temperaturen der Sternenentstehungswolken und erstellt Karten. „Das geht, weil jedes Element einen eigenen spektralen Fingerabdruck hat.“ Und genau deshalb muss auch das eigene Handy in der Nähe des Teleskops ausgeschaltet sein – „sonst werden die Messergebnisse verfälscht.“

Radioteleskope gibt es nur einige hundert auf der ganzen Welt. Bewegliche Teleskope wie das in Effelsberg sind besonders gut einsetzbar, da sie die unterschiedlichsten Teile des Himmels erfassen können. Hunderte Wissenschaftler buchen das Eifler Radioteleskop für ihre Forschung. Dafür müssen sie eigens Antrage schreiben und nicht selten eine Wartezeit, die bis zu drei Jahren dauern kann, in Kauf nehmen. Sie ist beliebt, die weiße Riesenschüssel, arbeitet jeden Tag auf der Suche nach Antworten, verarbeitet Signale, errechnet Himmelskarten und wer weiß, vielleicht stößt sie ja doch irgendwann auf Sprache anderer aus dem All.

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