Am einem Samstagabend von Aachen zur Euskirchener Kulturnacht zu fahren – da hatte ich zugegeben gemischte Gefühle. Denn wenn man mehr als eine Stunde im Auto sitzt, dann hofft man einfach auf ein gutes Programm. Und wenn eine Karte an der Abendkasse 18 Euro kostet – dann steigt die Erwartung noch ein bisschen weiter.
Wir kamen kurz nach Beginn der Kulturnacht am Stadtmuseum an. Alle anderen schienen schon längst auf den Beinen zu sein, und nicht wie wir irgendwann einzutrudeln. Die Kulturnacht ist offenbar so bekannt und beliebt, dass schon um halb 8 Uhr die Besucher an den Spielstätten auf die nächste Vorstellung warteten oder noch kurz zu einer anderen Location eilten, um dort noch vor Beginn des Programms hinein zu huschen.
Wir ließen es etwas langsamer angehen und blätterten erst mal durch das Programmheftchen. Und das sah schon mal vielversprechend aus: an 16 Spielstätten gab es insgesamt 29 Programmpunkte. Darunter ganz viel Musik, Kleinkunst und jede Menge Comedy.
Alles zu sehen war absolut unmöglich innerhalb der fünf Stunden! Aber damit die Besucher so viel wie möglich erleben können, dauert jeder Programmpunkt genau 20 min. Und das ist ziemlich angenehm, wenn man eine Darbietung weniger spannend findet. Aber das ist auch ziemlich schade, wenn man begeistert ist und gerne mehr sehen würde. Insgesamt aber war ich von Prinzip der kurzen Vorführungen und dem stetigen Wechsel der Spielstätten absolut begeistert. Schließlich passt es hervorragend zu einem Verlangen unserer Zeit: Kulturkonsum muss schnell und sehr abwechslungsreich sein.
Wir reduzierten unser persönliches Abendprogramm auf drei verschiedene Vorstellungen: Die erste war, ich gebe es zu, meine Idee: Eine Lichtshow, bei der Leuchtstäbe wie zur rhythmischen Sportgymnastik geschwungen wurden. Das Publikum war begeistert von den Effekten. Wir waren eher begeistert von der Musikauswahl.
Dann freuten wir uns schon auf „Black Gospel“ in der Kirche. So stand es im Heftchen. Hätten wir das gründlicher gelesen, wäre uns eine kleine Überraschung erspart geblieben. Denn wir hatten mit einem großen Chor gerechnet, der bekannte Lieder wie „Oh when the saints“, oder „Nobody Knows“ schmettert. Solche Lieder wurde tatsächlich performt. Allerdings bestand der Chor aus einem Sänger, der von einem Trompetenspieler und einer Organistin begleitet wurde. Sie spielten und sangen ziemlich gut. Allerdings hätte ich mir ein wenig mehr Power gewünscht. Das hätte vielleicht aus das Publikum zum Klatschen, Fingerschippen oder zumindest zum Mitwippen animiert. Aber Fehlanzeige in Euskirchen. Wir waren ja auch schließlich in einer Kirche und da gilt offenbar noch immer das deutsche Steifheits-Gebot.
Zuletzt lauschten wir in der Jugendvilla dem Kabarettisten Olaf Bossi bei einem Auszug aus seinem Programm „Glücklich wie ein Klaus“. Bitterböse und feinsinnig sang er von Nahrungsmittel-Spekulationen der Banker, dem Organ-Verschachern von klammen Patienten oder auch schlichtweg vom Leben mit einem Nachbarn, der nicht nur Klaus heißt, sondern auch noch samstags seinen Rasen mäht und den Wagen poliert.
Insgesamt hat uns Euskirchen einen wirklich unterhaltsamen Abend geboten. Mir machte es vor allem Spaß, so viele Leute auf den Straßen zu sehen, die alle –hungrig nach Kultur – von einer Spielstätte zur nächsten eilten und dabei mit Fremden über das Programm ins Gespräch kamen. Dafür lohnen sich die 18 Euro. Und dafür lohnte sich auch der Weg an einem Samstagabend von Aachen nach Euskirchen.