Krefeld (DE)

Ich habe mir das Paradies immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.“

Jorge Luis Borges, „Blindheit“ in Die letzte Reise des Odysseus, Übersetzung: Gisbert Haefs

Es kann doch nicht so schwer sein, ein Buch in einer Bibliothek zu finden, man muss nur Geduld haben und ein scharfes Auge. Es wäre so schön, das Buch zu finden! Und wenn Manuel nicht der Autor ist? Dann wäre es verschwendete Zeit, aber zumindest hätte ich mal Krefeld gesehen, nur, wo liegt Krefeld überhaupt? Die Gedanken überschlagen sich in meinem Kopf auf der Zugfahrt von Hamminkeln nach Düsseldorf, wo ich Maike treffen werde, um den letzten Abschnitt der Reise gemeinsam anzutreten.

Kaum in Düsseldorf angekommen antwortet Maike auf meine Frage, wie weit es noch sei, dass wir noch etwa dreißig Minuten mit dem Auto brauchen würden. Sie arbeitet für den Kulturraum Niederrhein e.V. und ist mir seit Beginn der Residenz eine große Hilfe. Als ich ihr von meinem geplanten Ausflug nach Krefeld erzählte, bot sie sofort ihre Hilfe bei der Suche an. Perfekt, ein weiteres Paar Hände und Augen, um die Niederrhein-Anthologie von 1985 zu finden.

Es mag eine Untugend sein oder vielleicht auch einfach Unwissenheit, aber ich gehe immer davon aus, dass eine Stadt so groß ist wie ihr Fußballverein, deshalb dachte ich, Mönchengladbach wäre die wichtigste Stadt am Niederrhein und nicht Krefeld, aber zu meiner Überraschung sind Einwohnerzahlen und Geschichte der beiden Städte ziemlich ähnlich. Ich könnte jetzt historische Fakten über Krefeld aufzählen, die ich bei Wikipedia gefunden habe, aber das erspare ich euch besser. Es reicht, wenn ihr wisst, dass es sich um eine Stadt mit beinahe 250.000 Einwohnern handelt, mit großen Alleen, mehreren Museen, Bauhaus-Architektur und einer wachsenden Kulturszene.

Krefeld

Im Literaturhaus Krefeld werden wir freundlich empfangen: Der Leiter Thomas trägt einen Anzug, er ist einundfünfzig Jahre alt und ein bekannter Krimiautor, seine Assistentin Marlene ist Literaturwissenschaftlerin und für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Nach der Begrüßung und einer Vorstellungsrunde machen wir einen kurzen Rundgang durch das Haus. Architektur und Einrichtung erinnern an die Sechzigerjahre und vermitteln das Gefühl von stillstehender Zeit. Im Erdgeschoss befindet sich ein kleiner Raum für Präsentationen und im ersten Stock liegen die Bibliothek und das Büro von Thomas. Die Büchersammlung platzt aus allen Nähten und auch die Küche und das Bad fallen mir auf, vor allem die bunten, verschnörkelten Fliesen, die aus einem Almodóvar-Film stammen könnten.

Küche und Bad

Nachdem wir das Haus besichtigt und ein wenig über seine Geschichte und die früheren Bewohner erfahren haben, entschuldigt sich Thomas, der noch andere Verpflichtungen hat, und wir bleiben bei Marlene. „Ich habe gestern ein paar Stunden lang in der Bibliothek gesucht, konnte aber nichts finden“, sagt sie direkt. Nicht gerade ein ermutigender Anfang. Doch je mehr Augen suchen, desto höher die Chance, das fehlende Buch zu finden, also gehen wir wieder nach oben in die riesige Bibliothek und machen uns ans Werk.

Da wir zu dritt sind, unterteilen wir die Bibliothek in unterschiedliche Zonen. Ich sehe mich um und gehe von ein paar Stunden Arbeitszeit aus. Doch als mir klar wird, dass auf jedem Regalboden zwei Reihen von Büchern stehen und man die äußere Reihe fast immer aus dem Weg räumen muss, um die Titel der inneren Reihe zu sehen, korrigiere ich meine Einschätzung nach oben. Doppelte Arbeit, doppelte Zeit. Aber egal, ich hatte nie erwartet, dass es einfach sein würde.

Sich in der Bibliothek oder der CD-Sammlung einer fremden Person umzusehen ist etwas ganz Intimes, fast wie das Tagebuch zu lesen. In den Regalen sind ihre Vorlieben, Interessen, Neigungen und auch Abneigungen zur Schau gestellt. Ich habe Leute schon oft falsch eingeschätzt und es kommt immer noch vor, dass ich beim Blick auf Bücher oder CDs meiner Freunde oder Bekannten falsche Schlüsse über sie ziehe. Ich bin Anhänger einer Theorie von Pierre Bourdieu, wonach das, was wir als Geschmack bezeichnen, eine Reihe symbolischer Assoziationen ist, durch die wir uns von Menschen mit niedrigerem sozialen Status distanzieren wollen und zugleich den Status anstreben, den wir glauben zu verdienen. Der französische Philosoph sieht Geschmack als ein Mittel, um sich von anderen abzugrenzen, im Prinzip ein weiterer Klassenkomplex. Wenn ich aber wo auf Besuch bin und erstmal weit und breit kein Buch sehe, muss ich an den Rat des Filmregisseurs John Waters denken: „Wenn die Person, mit der du nach Hause gegangen bist, keine Bücher hat, dann fick sie nicht.“ Der Grundgedanke lässt sich auf jede neue Freundschaft, Liebesbeziehung oder sonstige Interaktion zwischen Menschen übertragen, bei der ein gewisses Feingefühl gefragt ist.

Bibliothek gegen das Licht

Zu Beginn der Suche habe ich bei jedem Exemplar innegehalten, neugierig geprüft, ob Autor, Titel oder Verlag mir bekannt vorkommen, aber nach den ersten paar Regalen wurde ich zu einer Maschine, einem menschlichen Scanner mit nur einem Ziel: die Anthologie des Niederrheins. Wenn ich diese Wörter nicht auf den ersten Blick sehe, bin ich innerhalb einer Sekunde schon beim nächsten Buch.

Ich sehe mir die äußere Reihe an: eins, zwei, drei, vier … bis sechsundzwanzig. Dann schiebe ich die sechsundzwanzig Bücher vorsichtig zur Seite und sehe mir die innere Reihe an: eins, zwei, drei, vier … bis dreiundzwanzig. Und bei jedem Regalbrett geht es von vorne los, eins, zwei, drei vier … , bis zu sieben Mal pro Regal. Eins, zwei, drei, vier … Ich weiß schon gar nicht mehr, wie viele ich schon durchgesehen habe und wie viele noch fehlen. Aber ich konzentriere mich, weil ich weiß, dass das Gehirn evolutionär bedingt in solchen Fällen die Funktion runterfährt, und auf Sparmodus schaltet, beim vertikalen Lesen passiert das irgendwann automatisch. Da muss ich an Woody Allen denken, der einmal im Scherz gesagt hat: „Ich habe einen Schnelllesekurs belegt und Krieg und Frieden in zwanzig Minuten gelesen. Es geht um Russland.“

Ich mochte schon immer die Art von Aufgaben, bei denen eine Handlung mechanisch wiederholt wird und immer zu demselben Ergebnis führt. Für Fehler scheint es keinen Platz zu geben und diese Gewissheit finde ich tröstlich. Im 19. Jahrhundert wäre ich der Messi der Fließbänder gewesen, ein Ausnahmetalent in der Produktionskette einer beliebigen Fabrik, von jedem ungelernten Arbeiter beneidet. Außerdem hat diese repetitive Arbeit, sobald sie verinnerlicht ist, etwas Entspannendes und fördert die Kreativität. Bei der Schauspielerei ist das genauso, es gibt in der Regie eine einfache Übung, bei der man den Schauspielern während einer Szene Handarbeit gibt. Dann konzentrieren sie sich auf die Aufgabe und vergessen, dass sie schauspielern, was sie natürlicher wirken lässt. Aber braucht es diese Natürlichkeit? Oder wäre es besser, wenn wir wüssten, dass es eine Repräsentatio… Halt. Ich schweife ab. MIST. Jetzt bin ich raus. Ich gehe zurück und überprüfe die Reihe nochmal. Ich muss mich konzentrieren, sonst werden wir nie fertig und ich verwandle mich in einen bücherschleppenden Sisyphos, der nie den Gipfel erreicht.

Bücher

Maike und Marlene erzähle ich lieber nicht von meiner Freude an der mechanischen Arbeit und wie gut ich darin bin. Ihnen scheint es nicht so viel Spaß zu machen und ich weiß nicht, ob ich mich überzeugend erklären kann. Nach ein paar Stunden erfolgloser Suche machen wir eine Pause. Wir gehen in den Garten und setzen uns in den Schatten eines riesigen Wasserturms, der neben unserem Gebäude steht. Thomas gesellt sich auch zu uns, er interessiert sich für die Geschichte meines Großonkels. Schon bei den ersten Sätzen sehe ich, wie sein Krimiautorengehirn auf Hochtouren arbeitet und mögliche Handlungsstränge für Manuels Geschichte erarbeitet. Etwas überwältigt davon, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, wechsle ich das Thema und frage nach Otis Bruns, dem früheren Besitzer des Großteils der Bücher im Haus. Sofort merke ich, dass ich ein heikles Thema angesprochen habe. Herr Bruns hat aktiv mit den Nazis zusammengearbeitet, sodass das Literaturhaus die schwere Entscheidung treffen musste, ob man das Erbe annehmen würde oder nicht. Aber es sind Bücher, darunter einige Unikate, Inkunabeln und vergriffene Werke. Und was wäre ein Literaturhaus ohne Bücher? Trotzdem versuchen sie seit Jahren, den Namen Otis Bruns nicht mit ihrer Kultur- und Literaturfördertätigkeit in Krefeld in Verbindung zu bringen. Ich finde es interessant, dass wir uns in gegensätzlichen Prozessen befinden, ich auf der Suche nach Erinnerungen, grabe in der Familiengeschichte, um die Figur meines Großonkels Manuel zu rekonstruieren, während sie den Weg des Vergessens einschlagen, um die Überreste der Vergangenheit auszulöschen, die sich nach all den Jahren immer noch wie eine schwere Last anfühlen.

Wir gehen zurück in die Bibliothek und ein Schauer läuft mir über den Rücken, als hätte ich einen Elektroschock bekommen. Was, wenn der Einband des Buches geändert wurde? Oder ich es übersehen habe? Oder es einfach nicht da ist? Es sind nicht mehr viele Regale übrig, also können wir genauso gut alle durchsehen, auch wenn ich mittlerweile meine Zweifel habe. Beim letzten Regal treffen wir uns, ich prüfe unten, Marlene in der Mitte und Maike die obersten Reihen. Es wäre schon ein sehr großer Zufall, wenn das Buch in diesem allerletzten Regal stünde, denke ich. Aber es passiert, was passieren muss. Wir finden nichts. So ist es nun mal.

Wir haben eine ganze Bibliothek durchforstet, und unser einziger Anhaltspunkt waren Initialen (M. C. Bautista), die eventuell für meinen Großonkel stehen könnten. Was hatte ich erwartet? Ich zeige meine Enttäuschung, aber Marlene fordert uns mit einer müden und resignierten Geste auf, ihr zu folgen.

Bibliothek

In einer Ecke des Gartens steigen wir ein paar Stufen hinunter und gelangen zu einer halb zugewachsenen Tür. Das metallische Knarren ist ein erstes Anzeichen dafür, dass wir unbekanntes Terrain betreten. Wir befinden uns in einem großen Raum mit einiges Säulen, der wie die oberen Etagen des Hauses aussieht, nur ohne Wände. Darin stehen Möbel, ein paar alte Rasenmäher und Bücher, viele Bücher. Die niedrige Decke und wenige Licht, das durch ein paar schmale Fenster fällt, machen den Raum nicht gerade einladender. Die Bücher befinden sich in Pappkartons (in Bananenschachteln, um genau zu sein, so wie man sie von jedem Bücherflohmarkt und Antiquariat kennt. Warum ausgerechnet Bananen und kein anderes Obst? Warum bewahren Freunde von Büchern diese ausgerechnet in Bananenschachteln auf? Welche Verbindung gibt es zwischen den Händlern von Büchern und Bananen? Was verheimlichen sie uns? Was haben eine Banane und ein Buch gemeinsam? Zur Zeit weiß ich keine Antwort auf all die ungelösten Fragen der Menschheit, wie das Ungeheuer von Loch Ness oder der Wert von Kryptowährungen, aber ich bin sicher, es gibt für all diese Dinge eine Erklärung.)

Im Keller werden die Bücher aufbewahrt, die schlecht erhalten oder beschädigt sind, oder es handelt sich um schlechte Ausgaben, die es nicht wert sind, in der Bibliothek aufgestellt zu werden. Ich frage mich, warum wir nicht von Anfang an hier gesucht haben. Unter diesen neuen Umständen ist es vor allem der angesammelte Staub, der mir die Suche erschwert, denn ich muss ständig niesen und meine Augen sind gereizt und tränen. Ich fühle mich wie in einem Disneyland der Hausstaubmilben.

Alte Bücher

In Der Club Dumas von Perez Reverte muss die Hauptfigur, Lucas Corso, eine Art Indiana Jones der Bibliotheken, nach einem Buch suchen, um einen Mord aufzuklären. Ähnlich wie Guillermo de Baskerville, ein mittelalterlicher Sherlock Holmes, in Umberto Ecos Der Name der Rose. In beiden Fällen steht ein Buch im Mittelpunkt eines Mordkomplotts. Hat mein Buch auch mit einem ungeklärten Kriminalfall zu tun? Ist das der Beginn eines Mysteriums, das über meinen Großonkel hinausgeht? Was, wenn alles bisher nur ein MacGuffin war und die wahre Geschichte erst hier beginnt? Wir werden es nie erfahren, wenn ich diese verdammte Anthologie nicht finde.

Gartenhandbücher, Selbsthilfebücher, Computerhandbücher, Krimis, als Gartenhandbücher getarnte Selbsthilfebücher … Was zum Henker mache ich eigentlich in diesem staubigen Keller? Niesanfälle und eine laufende Nase erschweren die Suche, aber ich bin schon zu weit gekommen, um jetzt aufzugeben. Ich setze meine Maske auf. Wenn sie vor Corona schützt, hilft sie vielleicht auch jetzt. Es geht tatsächlich ein wenig besser, aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass sich der Staub sich schon längst in meinem ganzen Körper ausgebreitet hat. Ich bin wie ein Alkoholiker, der bei dem kleinsten Tropfen einen Rückfall bekommt. Ständig muss ich weiter niesen.

Mehr alte Bücher

Im Laufe der Geschichte sind mehr Bücher verloren gegangen als erhalten geblieben sind und trotzdem gibt es noch so viele zu lesen … Ob durch Unfälle, Bibliotheksbrände, von Alexandria bis Sarajewo oder Irak, Zensur oder einfach Vergessenheit, ein großer Teil der Schriftwerke unserer Menschheit ist verschwunden. Vor mir, zwischen all diesen Büchern, verstecken sich die besten oder zumindest die herausragendsten Gedanken, Überlegungen und Erlebnisse all dieser vergessenen Autorinnen und Autoren, begraben unter weiteren Büchern und ohne Hoffnung, jemals wieder gelesen zu werden. Das bestätigt mich in meiner Überzeugung, dass Lesen ein natürlicher Vorgang ist, Schreiben aber eine Art selbstauferlegte Folter, die wir trotz allem weiter ausüben. Woody Allen hat das Paradox im Stadtneurotiker besser beschrieben, als ich es je könnte: „Zwei ältere Damen sitzen in einem Berghotel. Sagt die eine: ,Gott, das Essen hier ist wirklich schrecklich!‘ Sagt die andere: ,Stimmt, und diese kleinen Portionen.‘“

„Hier! Ich hab’s“

Ich brauche ein paar Sekunden, bevor ich auf Maikes Aufschrei reagiere, so vertieft bin ich in meine Gedanken. Ich bin wie ein zum Tode Verurteilter, der bereits mit der Schlinge um den Hals auf dem Schafott steht und dann aber in letzter Sekunde begnadigt wird. Im ersten Moment freut er sich gar nicht über die Möglichkeit weiterzuleben, sondern ärgert sich, dass der Prozess der Exekution so plötzlich unterbrochen wurde.

Das Buch ist in einem guten Zustand: Der Rücken ist etwas vergilbt, als hätte es in einem Raucherhaushalt gestanden und die linke obere Ecke ist etwas eingedrückt, wie durch einen Stoß. Wir schlagen das Inhaltsverzeichnis auf: Leonhard Junghans, Brunhilde Elbin, Martin Heinrichs, M. C. Bautista … Seite 85. Ich bin ungeduldig, will unbedingt wissen, ob es sich bei M. C. um meinen Großonkel handelt, schlage Seite 79 auf, blättere ein paar Seiten weiter, aber nach 84 kommt gleich 93. Ich gehe noch einmal zurück, in der Hoffnung, die Seiten würden bei einem zweiten Versuch auf magische Weise auftauchen. Das tun sie nicht. Nach stundenlanger Suche haben wir die Anthologie gefunden, aber wir wissen trotzdem nicht, ob der Text von Manuel geschrieben wurde.

Anthologie Niederrhein

Vom Schuften den ganzen Tag tun mir die Arme so sehr weh, dass die Erschöpfung keinen Raum für Traurigkeit lässt. Zumindest haben wir es versucht, sage ich mir beim Rausgehen. Es klingt zwar wie eine Ausrede, aber mehr kann ich schließlich auch nicht tun.

Im Zug zurück nach Hamminkeln hebt sich meine Laune ein wenig und denke daran, dass immer noch Hoffnung besteht, eine Spur von Manuel zu finden, sei es über die spanische Botschaft oder eine der anderen Möglichkeiten. Das Buch habe ich dabei, Marlene hat es mir als Trostpreis geschenkt. Ich schlage Seite 84 auf und stelle fest, dass man immer noch einen kleinen Rest der fehlenden Seiten sehen kann: Wahrscheinlich wurden sie mit einem Cuttermesser direkt am Bund herausgeschnitten. Ein Druckfehler war es also nicht. Aber wer würde so etwas tun? Es ergibt keinen Sinn. Ich überprüfe das Inhaltsverzeichnis, aber die anderen Texte sind alle vollständig. Nach dem letzten Text entdecke ich aber Biografien und Bilder der Autoren. Ich blättere weiter, Namen über Namen und Fotos in schwarz-weiß, und da ist M. C. Bautista, mein Großonkel Manuel, sicher nicht das beste Foto von ihm, aber auf jeden Fall er.

Bio M.C. Bautista

Die Euphorie ist so groß, dass ich sogar meinem Sitznachbarn um den Hals fallen könnte, der seit einer Stunde auf dem Handy in voller Lautstärke einen Dokumentarfilm über den Zusammenhang zwischen der Bilderberg-Konferenz, Reptilien und Impfstoffen guckt. Aber ein Hauch von Verlegenheit und gesundem Menschenverstand sagen mir, dass man zu gewissen (besonderen) Menschen einen Diskretionsabstand halten sollte. Ich lächle, er sieht mich an und dreht die Lautstärke des Handys hoch.

Neben Manuels Foto steht eine kurze Biographie. Im Gegensatz zu den ausführlichen und detailreichen Beschreibungen der anderen Autoren besteht dieser Text aus zwei kryptischen Zeilen, wie eine maschinelle Übersetzung, wobei es 1985 noch kein Internet gab, es muss also einen anderen Grund dafür geben. Die zwei Zeilen lauten:

Text Manuel

Wem gehören diese Initialen? Und diese Zahlen? Ergibt der Text einen Sinn? Ich weiß nicht, was das bedeuten soll oder ob es sich um einen Tippfehler handelt, vielleicht eine Testseite oder etwas in der Art. Das Beste an dem Abenteuer ist, dass ich jetzt wenigstens ein Bild von Manuel habe, das ich in sozialen Netzwerken verbreiten kann. Vielleicht erkennt ihn ja jemand und kann mir Hinweise geben.

Manuel Campón Bautista

Mein Freund Jacinto, der sich unter anderem sehr gut mit der Theorie von Komödien auskennt, hält drei für die perfekte Zahl, um Menschen zum Lachen zu bringen. Egal ob Gag, Witz oder Sketch, um witzig zu sein, muss es drei Wiederholungen geben. Also zitiere ich zum Abschluss noch einmal Woody Allen: „,Doktor, mein Bruder ist verrückt, er denkt, er ist ein Huhn.‘ Und der Doktor sagt: ,Warum bringen Sie ihn nicht ins Irrenhaus?‘ Und der Mann sagt: ,Das würde ich ja gerne, aber ich brauche die Eier.‘“ Ich dachte, diese Metapher könnte den aktuellen Stand bei der Suche nach Manuel veranschaulichen, aber eigentlich weiß ich immer noch nicht, wer der Arzt, wer der Bruder, und wer der Verrückte ist, der sich hier für ein Huhn hält. Sicher weiß ich nur, dass die Suche weitergeht..

Auf Spanisch heißt „Buch“ „libro“ und „libre“ bedeutet „frei“. Ich könnte lügen und eine Geschichte über einen gleichen etymologischen Stamm dieser Wörter erzählen, Lesen und Freiheit. Dahinter steckt aber nicht mehr als ein phonetischer Zufall bei der Übertragung von Phonemen aus dem Lateinischen in romanische Sprachen. Ein wundervoller blinder Zufall.

Texto en español: https://stadt-land-text.de/2022/06/03/krefeld-es/

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La Búsqueda: El mundo real

De repente me pregunto por qué tengo que contar esto,
pero si uno empezara a preguntarse por qué hace todo lo que hace,
si uno se preguntara solamente por qué acepta una invitación a cenar…

Julio Cortázar
Las babas del diablo (Las armas secretas, 1959)

Internet no sirve para nada, es una herramienta inútil, un gran vertedero donde es imposible encontrar nada, mejor dicho, nada útil o que me acerque a encontrar a Manuel. Mi opinión no es algo nuevo, muchos pioneros y gurús de la tecnología ya auguraron hace treinta años el fracaso estrepitoso de internet, etiquetándolo como moda pasajera o entretenimiento para adolescentes. Sus erradas predicciones a muchos de esos gurús no les impidió amasar enormes fortunas, propias de supervillanos o de príncipes qataríes, si no vienen a ser lo mismo. Ante este panorama desolador el campo de búsqueda se abre a un nuevo escenario: el mundo real.

La imagen del autor escribiendo a mano en una pequeña mesa de un café, mientras con la otra mano alterna una taza y un cigarro medio consumido es uno de los clichés más famosos de la literatura. Antico Caffè Greco en Roma, La Closerie des Lilas en París, Café de Fornos o Café Gijón en Madrid, el café literario es un elemento central en la historia de la literatura. Esos cafés, en su mayoría decimonónicos, han sido lugares de encuentro, de debate y de confidencias entre autores, artistas o lectores que han pasado a la historia de la literatura. Ya sea como una forma de exorcizar esa imagen o de romper con el cliché y ese halo de romanticismo literario, Eva Karnofsky me cita en Thunderbike Roadhouse a las afueras de Hamminkeln, anexo a una tienda de motos Harley Davidson, en un polígono industrial donde comparte espacio con un salón de juegos, una empresa de materiales de jardín y un burdel que también hace las veces de centro anti-Covid (Tiempos extraños en los que nos ha tocado vivir). El Thunderbike es un restaurante de comida americana con una estética muy cuidada y cuya carta es la pesadilla de todo dietista o cardiólogo.

Thunderbike Roadhouse Hamminkeln

Al llegar, Eva me espera en una mesa algo alejada del resto. Es media tarde, así que pedimos café y ella lo acompaña con un helado con una pinta deliciosa, quizá el motivo de haber elegido ese lugar como punto de encuentro. Eva Kanovsky es periodista. La descripción podría terminar ahí, porque es de esos casos en los que una profesión y una persona son indistinguibles la una de la otra. Periodista por vocación, apasionada de su trabajo y de la función social que este cumple, también ha sido autora de varios libros. Eva sigue ejerciendo la profesión, pese a estar jubilada, escribiendo en periódicos de la zona y para WDR. La he citado porque pienso que una persona con su experiencia podría guiarme en la búsqueda de mi tío abuelo en la era pre-internet.

Y aunque Eva es la periodista, y también la autora, intercambiamos por un día los roles y soy yo el que hace las preguntas. ¿Dónde aprendiste español? Me cuenta que a través de su relación con el ya fallecido, José Comas, corresponsal en Alemania del periódico español El País. Después lo practicó y mejoró viviendo varios años en Argentina y recorriendo Sudamérica. Allí trabajó como periodista y coordinó varias antologías literarias. Hablamos todo el tiempo en español, lo que me permite mantener una actitud más relajada. El español de Eva es fluido, aunque se disculpa por tenerlo un poco oxidado por falta de uso.

Me cuenta que ya no sigue la prensa española como antes, que la mayoría de los periódicos son bajo suscripción y que es mucho lío abonarse a todos. Yo por mi parte me quejo que hay mucho clickbait y coincido con ella en que el contenido de calidad es por suscripción. Aún así le recomiendo a algunos periodistas que me gustan: Manuel Jabois, Alberto Olmos y el fallecido, David Gistau.

Le pregunto por qué vive aquí, un lugar pequeño y en apariencia tranquilo, después de haber vivido en grandes ciudades durante toda su vida, si es porque está buscando más tranquilidad, una vida más apacible. Pero la realidad es mucho más pragmática, vive en Hamminkeln acompañando a su padre de 91 años. Si no viviría encantada en Munster. Echa de menos la escena cultural y literaria de una gran ciudad.

Vías Tren Dingden

Eva contesta mis preguntas y a su vez me interroga sobre literatura en castellano. Para mi sorpresa me habla de Mariana Enríquez, autora argentina, le gusta mucho y se alegra del éxito que está teniendo. Yo me quejo de que Roberto Bolaño no sea tan conocido en Alemania, aunque puede que sea más una impresión que una realidad, a lo que ella sentencia, que la gran diferencia con Enríquez es que hacer promoción con un autor muerto es complicado para la editorial. Durante un par de segundos pienso en actividades para las que la muerte no sea un obstáculo. No se me ocurre nada más allá de estar tumbado y ayunar.

Me cuenta sobre su experiencia en Latinoamérica, habla con admiración de Violeta Chamorro, ex presidenta de Nicaragua, a la que conoció en persona y le dejó una profunda impresión, y de Isabel Allende, más de su feminismo y de la elección de sus temas literarios que de su estilo. No habla tan bien de Mario Vargas Llosa, a quien una serie de encuentros y desencuentros a lo largo de su vida han hecho que se convierta en un personaje odioso. Hago de abogado del diablo e intento defenderlo, más que por Premio Nobel, por haber escrito algunas buenas novelas, cosa harto complicada. Solo hayamos consenso en que su última buena novela fue “La Fiesta del Chivo” aunque al repasar la fecha de publicación nos sorprendemos de que ya hayan pasado más de veinte años.

Entre medio se cuela el tema de la política y la situación en Niederrhein. Eva ha estado trabajando en el caso de un vertedero ilegal en la zona. Orgullosa me cuenta que gracias al periodismo, y a otros agentes sociales, se pueden conseguir mejoras, cambiar las cosas. Siempre miro con cierto escepticismo estas visiones optimistas o utópicas de la prensa o la literatura como motor de cambio o como medio útil para lograr cambios sociales o políticos, pero admiro su determinación. Aun así se muestra desencantada con la actitud pasiva de la mayoría, a los que parece no importarle demasiado lo que pasa más allá de sus amplios y cuidados jardines o el comportamiento de los políticos locales, preocupados porque la prensa airee los problemas o corruptelas que ocurren bajo su mandato, enturbiando así su proyecto de convertir la región en una gran zona residencial. Si hay algo tan universal como el amor, son las miserias de la clase política. Así que nada nuevo bajo el sol.

Jardín Hamminkeln

La charla es caótica, de ida y vuelta, y sin un orden claro. Por momentos los temas se sobreponen unos a otros sin solución de continuidad, negando o desmintiendo mi rol de moderador de la charla. Miro el reloj y veo que hemos hablado casi dos horas y aún no le he preguntado por aquello que me había traído hasta aquí: ¿Cómo encontrar a mi tío abuelo? ¿Cómo buscar a una persona que no tiene datos en internet? ¿Qué rastro se puede seguir o adónde puedo acudir para saber algo más del paradero de Manuel? Agarro lápiz y papel, dispuesto a tomar nota de cualquier consejo que pueda darme. En primer lugar, Eva sugiere que si tuviera alguna fotografía de mi tío hecha en Alemania, podría encontrar alguna referencia de una plaza, una calle, un monumento o algo parecido. Por desgracia, solo tengo la foto de Manuel de joven junto a mi abuela y esa foto fue tomada en Utrera. En ese caso, sin otras pistas evidentes, si ella tuviera que buscar a una persona, seguiría los siguientes pasos:

1. Recopilar todos los datos que tenga sobre él: Referencias, cartas, anécdotas, fotografías, documentos oficiales. Es el proceso que inicié hace un par de meses, aunque de momento los resultados son esquivos o se demoran en llegar.

2. Buscar dónde trabajó, al menos en qué sector. A partir de ahí se puede consultar con los sindicatos. Ellos tienen lista de los trabajadores y de sus datos personales. Aquí de nuevo la información es confusa, aunque podría volver a preguntar a mi madre y a mis tías por si recuerdan algo más sobre la vida laboral de mi tío abuelo, si recuerdan si desarrolló algún oficio o si estuvo vinculado a alguna empresa.

3. Consultar las antiguas guías telefónicas. En España se llamaban “Páginas amarillas” y como su nombre indica eran unos tochos amarillos, con un papel de pésima calidad y que rara vez vi usar a nadie (Recuerdo en un concurso de televisión un reto de cuántas páginas amarillas era capaz de romper una persona por la mitad. He olvidado si eran siete u ocho, creo que a nadie le importa el dato, aunque sí que me acuerdo del truco para lograrlo: antes de romperlas, hay que doblarlas ligeramente por el centro) Para poder consultar la guía telefónica, antes debo descubrir exactamente en qué población vivió y a partir de ese dato buscar el nombre de Manuel en la guía de esa zona.

4. Acudir al registro civil. Como bien me recuerda Eva, todo el mundo debe darse de alta al vivir en Alemania. No sé si hay un registro general o si está dividido por zonas. En ese caso me encontraría con el mismo problema que en el punto 3.

5. La policía. Me sorprendo, ¿Y si todo es tan sencillo como acudir a la policía y preguntar por un nombre? Claro que no. La policía no facilita información de terceros. A menos no, si no tienes un contacto. Yo no los tengo, así que descarto esta opción.

Árbol Diersfordt

Días después de encontrarnos, recibo un correo de Eva. Me escribe que se le olvidó el principal lugar donde preguntar por Manuel. El punto 6:

6. La embajada o el consulado español en Alemania. Ellos seguro que tienen los datos de mi tío. Me siento tan tonto como esos que hacen cola para subirse al avión por miedo a quedarse sin sitio. Cómo no había pensado antes en la embajada, ese debería haber sido el primer lugar adónde buscar. Sin perder un segundo les envío un correo explicándoles el caso. La burocracia española es una moneda al aire, puede que contesten al instante o que mi correo quede perdido en el limbo burocrático, entre mails, correos certificados, archivos encriptados, cambios de turno, bajas por enfermedad, jerarquías, formularios incompletos… Creo que el mensaje en una botella de un náufrago tiene las mismas posibilidades de éxito que mi correo.

El texto anterior lo terminé con un Cliffhanger, un recurso narrativo que crea una situación de tensión dramática que queda interrumpida y que deberá completarse más adelante, a partir de la aparición de las siglas M.C. Bautista, coincidente con el nombre de mi tío abuelo en una antología de autores de Niederrhein publicada en 1985. Después de una búsqueda exhaustiva en internet (Vale, de acuerdo, no es tan inútil como lo he descrito al principio) solo encontré un ejemplar de la antología: El ejemplar de la librería de Krefeld. A los pocos días de ponerme en contacto con la librería “Jakobs&Ritter” recibí este correo:

Mail Thomas Hoeps

A falta de una pista más sólida y a la espera de que alguna de las vías abiertas, gracias a los consejos de Eva Karnofsky, den resultado, voy a intentar encontrar el libro donde aparecen las siglas M.C. Bautista, para ver si pertenecen a Manuel o no. Leo en Cambiar de Idea de Aixa de la Cruz “Escribimos para dejar constancia de quiénes éramos hace un instante, cuando nos sentamos frente al procesador de textos, y como no tenemos pistas, fabulamos.” Antes de fabular voy a seguir las escasas pistas que tengo. Así que rumbo a Krefeld.

En español “Realidad” es lo que es efectivo o tiene valor práctico, en contraposición con lo fantástico e ilusorio.

Coda – Este es el texto que más difícil me ha resultado escribir. Las últimas semanas han sido de idas y venidas, de lugares y de ánimo, buen caldo de cultivo para futuras historias pero no para las presentes. Acompañadas de incertidumbres en la vida cotidiana, noticias que se demoran y de las que no estamos seguros si sería mejor no recibirlas. Por momentos he sentido que estoy concentrado en tapar una pequeña gotera del techo cuando a escasos metros hay un tsunami que se va a llevar por delante toda la casa. Pueden que sean excusas de mal escritor, la página en blanco, otro cliché literario como el del café. A falta de experiencias reales llenar la vida y la escritura de clichés. Por otro lado, el hecho de escribir sobre una persona que ha provocado una gran impresión en mí y el deseo de no hacer un texto elogioso o panegírico, por lo que tienen de aburridos y alejados de la persona real, sino capturar un mínimo de la esencia de esa persona me han hecho reescribir tantas veces las mismas oraciones que al final he vuelto a la primera oración. Ante tantas dudas, solo he encontrado una solución para el bloqueo, incorporar todo al proceso de escritura: miedos, dudas e inseguridades. Es lo más honesto, porque no quiero ser un mago que esconde los trucos, ojalá que nunca sea un mago.

Text auf Deutsch: https://stadt-land-text.de/2022/05/17/die-suche-in-der-realen-welt/

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