Cross the borders
23. Juli 2017
Ort: Vreden | Datum: Sa, 15.07.2017 | Wetter: sonnig, 21°C
SPRACHGRENZE. GRENZE DES GUTEN GESCHMACKS. REVIERGRENZE. Ich überquere sie mit wenigen Schritten auf dem Weg in den ersten Stock. Handel und Schmuggel. Mit Kiepe, Hundekarren, Händlerwagen und Berkelzomp verkehrten die Menschen zwischen den Niederlanden und Deutschland. Vreden liegt im Westmünsterland, in unmittelbarer Nähe zur Region Achterhoek, Niederlande. Reger Austausch von Waren im Grenzgebiet. Neben Fliesen, Tabak und Pfeifen stehen heutige Exportschlager der Region. Hier schließt sich der Kreis: mein Navi stammt ebenfalls aus dem deutsch-niederländischen Grenzgebiet.
AUSGRENZUNG. EINGRENZUNG. GRENZVERKEHR. GRENZEN heißt die neue Dauerausstellung des KULT in Vreden. Die Grenze wird hier als ein Ort präsentiert, ein Raum der Bewegung und Begegnung. Ein Anlass, über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu beiden Seiten der Staatsgrenze zu sinnieren. Und zu erkunden, ob auch im Alltag der Menschen – damals wie heute – ebenda eine Grenze verläuft. Alltagsgegenstände wie Holzschuhe und Hauben lassen allerdings auf ganz andere Kriterien der Grenzziehung schließen. Wirtschaftliche, soziale und religiöse.
Korn und Frikandel. Frau Antje und der Kiepenkerl.
Es geht auch an die eigenen Grenzen. Automatische Zuordnungen hinterfragen. Stereotype entlarven. Deutsche? Münsterländer? Niederländer? Nach dem Rundgang sitze ich im zukünftigen Sonderausstellungsbereich. Heute gibt’s hier Kaffee und Kuchen. Neben mir am Tisch unterhalten sich zwei Paare lebhaft. Auf – ja, auf was eigentlich? Einzelne Wörter erkenne ich als Deutsch, andere als Niederländisch. Und dazwischen? Platt! Sie stammen, so entnehme ich dem Gespräch, aus der Region. Aber ob von deutscher oder niederländischer Seite kann ich auch nach einem Stück Donauwelle nicht sagen.
Zwischen Zwillbrock und Eibergen
Jetzt will ich sie aber auch sehen, die Staatsgrenze. Spätnachmittags erreichen der Bulli und ich einen kleinen Flachdachbau. Keine Vorhänge, keine Rollladen, keine Hausnummer. Drinnen: eine leere Kakaoglasflasche im Fenster und ein Sicherungskasten, dessen Tür offensteht und in den weißen Raum hineinragt. Draußen, unweit des Baus: ein von hohem Gras und Sträuchern umrankter Grenzstein mit zwei Wappen. Auf der einen Seite drei Balken, auf der gegenüberliegenden zwei Löwen.
Auf der anderen Straßenseite das blaue Schild mit gelbem Sternenkreis und der weißen Aufschrift „Nederland“. Daneben ein Schild „Berkelland“. Daneben: eine freistehende Skulptur. Der Rasen hier ist kurzgeschoren. Durch eine Edelstahllinse folgt der Blick einem schmalen Graben. Links davon Weidezaun und Gehöft, rechts davon Weidezaun und Gehöft. Open Schakel / Offenes Kettenglied von Piet Slegers wurde als gemeinsames Projekt der Städte Vreden und Eibergen 1995 zur Öffnung der Grenze zwischen den Niederlanden und Deutschland aufgestellt.
GRENZEN heißt die neu eröffnete Dauerausstellung des KULT in Vreden. Anhand der Region Westmünsterland wird aufgezeigt, welche Bedeutungen einer Grenze im Alltag zukommen können. Und wie der oder die Einzelne damit umgeht. Stichwort Schmuggel. Originale sind zu diesem Thema übrigens leider noch nicht zu sehen. Trotz mehrfacher Aufrufe in der Lokalzeitung. Ein in Aussicht gestellter Schmuggel-BH wurde in letzter Minute doch noch zurückgezogen. Hier also nochmals der Aufruf: Wer doch noch ein Schmuggler-Unikat in den Dienst der Wissenschaft geben möchte, melde sich beim KULT in Vreden. No questions asked…