Bröltalbahn

Über etwas schreiben, das es nicht mehr gibt. Die Bröltalbahn. Ihrer Fährte folgen:

Spur 1: rosa Schirm

Ich werde auf dem Bahnhofsvorplatz auf Sie warten und ab 11:05 einen pinkfarbenen Schirm hochhalten. Herrn Eilmes kenne ich nicht persönlich. Seine Webseite ist mir aufgefallen. Er sammelt dort die Geschichte seiner Region. Geschichtliche Beschreibungen, Fotos und Postkarten. Wir treffen uns am Bahnhof in Hennef. Wir haben eine Mission: die Strecke der ehemaligen Brötalbahn abfahren. Bis 1954 fuhr sie durchs Tal, beförderte Erz und Kalk und später auch Passagiere. Eine Schmalspurbahn, engstehende Schienen.

Seit 1954 übernehmen Busse den Personenverkehr. Man hielt es für wirtschaftlicher. Herr Eilmes klappt den Schirm zusammen, steigt ins Auto, wir fahren los. Die Landschaft ist hügelig und schön, wie die Schweiz, sage ich.

Spur 2: Post-its in Neonfarben

Herr Eilmes bremst abrupt. Sehen Sie das Loch? Ich blicke aus dem Fenster, sehe eine Vertiefung in der Landschaft, nicke. Hier wurde nach Erz gegraben. Ein Krater, den die Bäume sich zurück erobern. Wenn man es nicht wüsste. Ich bin auch jahrelang daran vorbeigefahren.

Post-its in Neonfarben. Das Buch auf der Rückbank ist voll davon. Herr Eilmes blättert darin, zeigt auf Fotos und vor sich auf die Straße. Ich suche einen Anhaltspunkt, finde den Kirchturm nicht wieder. Waldbröl. Hier endete die Strecke. Hier wurde mit dem Abbau der Gleise begonnen. Riesige Schautafeln zeigen Fotos der Bahn, schwarz-weiß. Die Umhersitzenden nehmen sie kaum war, scheinen sich eher zu wundern. Dass zwei mit einem Buch über Restgleise staksen, als gäbe es dort Pilze.

Einiges habe ich auf der Strecke gesehen. Nicht alles wird in diesem Text Erwähnung finden.

(Markttag in Waldbröl: Noch nie habe ich so viele kleine Küchenmesser auf einem Haufen gesehen. Was machen die damit? denke ich. Selbst, wenn jeder Marktbesucher eines kaufte.., aber wir kommen vom Weg ab. Zurück zur Hauptstrecke, zum Text! )

Festzuhalten ist sicher das Grün der Landschaft (die Schweiz!) und eine Art Nostalgie, die in zahlreichen Schautafeln und Aufbauten (Auf einer Verkehrsinsel: Loren. Die hat man aus dem Ruhrgebiet geholt, unsere waren anders, sagt Herr Eilmes, aber davon gab es keine mehr.) den ehemaligen Streckenlauf der Bahn nachzeichnet.

Spur 3: Detailfund Schranke, hölzern

Foto: F. Balensiefen / H. Fischer

Besonders interessant ein Detail: Da die Bahn in bestimmten Streckenabschnitten so nah an den engstehenden Häusern vorbeifuhr, befürchtete man, Anwohner könnten beim Verlassen ihres Hauses von der Bahn erfasst werden. Um dies zu verhindern wurde, bevor eine Bahn vorbeifuhr, eine Stange vor die Haustür geklemmt. Die Eingangstür ließ sich somit von innen nicht mehr öffnen. Die Bewohner waren sicher.

Eine solche Stange würde ich gern auch heute in Gebrauch wissen. Man könnte Nachbarn vor schlechten Tagen schützen. Vor Regentagen, Ausrutschern oder Absagen. Bereits auf Wohnungstürhöhe zu montieren. Ein einfaches Schrankensystem. Was bliebe uns erspart.

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