Im westlichsten Westen nichts Neues
11. September 2015
Kürzlich habe ich schon geschrieben, dass sich meine Vorstellung von und mein Verhältnis zu Ländergrenzen derzeit verändern. Der Selfkant ist die westlichste Gemeinde Deutschlands. Dort steht der Grenzstein 309 B. Er markiert den westlichsten Punkt Deutschlands. Für mich als jemand, der fernab von Ländergrenzen groß geworden ist, hat ein solcher Punkt eine gewisse Anziehungskraft. Wenngleich ich eher skeptisch dort hingefahren bin, weil ich mir dachte, was kann mir ein solcher Punkt vermitteln. Man wird hier nicht auf den westlichsten Westdeutschen treffen und auch keine klare Abgrenzung zwischen Deutschland und den Niederlanden finden, sondern es wird sich eher auch dort alles vermischen. Aber das sind nun schon Gedanken, die von den „Grenzerfahrungen“ der letzten Wochen herrühren. Zuvor hätte ich das auch anders eingeschätzt, mir davon wahrscheinlich sehr viel erhofft und versprochen. Um Missverständnisse zu vermeiden: Doch, ich war viel im Ausland, aber wenn man nicht in einer Grenzregion lebt oder großgeworden ist, dann passiert man Grenzen immer nur einmal auf der Hinfahrt und einmal auf der Rückfahrt. Man überschreitet sie bewusst, weil man das selten macht und weil man entweder auf dem Weg in den Urlaub ist oder eine Veranstaltung ansteuert. Danach begibt man sich wieder auf den Rückweg. Vielleicht fährt man sogar noch etwas länger an der Ländergrenze entlang, als das notwendig wäre, um noch etwas mehr im Ausland zu sein und mehr zu sehen. Aber danach fährt man wieder rüber. Meistens ohne zu wissen, wann man wieder im Ausland ist.
Auf dem Weg zum westlichsten Punkt Deutschlands überquere ich zweimal die Grenze. Deswegen denke ich schon auf der Fahrt, dass das mit dem Grenzstein im Grunde überflüssig ist, weil ich nun schon an ein paar vorbeigekommen bin. Also in Sachen Grenze wird sich am westlichsten Punkt nichts Neues ergeben. Dieser Ort muss eher nostalgischer Natur sein und Museumscharakter aufweisen, weil die Grenzen in Europa schon lang offen sind und es niemanden kümmert, ob man sie mit dem Auto oder zu Fuß überquert. Aber andererseits sieht man aktuell auch, wie schnell Zäune wieder hochgezogen, Züge gestoppt und Passierwege verbarrikadiert werden, wenn es um die tatsächlichen Außengrenzen geht. So gesehen, dachte ich mir, ist der „Erlebnisraum Westzipfel“ – wie er offiziell genannt wird – vielleicht doch gerade in diesen Tagen absolut sehenswert als Mahnmal der Freiheit.