Er machte die Glasmalerei autonom
5. Oktober 2015
Wo kann man sich einem Künstler besser nähern als in seinem Atelier? Diesen Gedanken verfolgen Ursula Schaffrath-Busch, Renate Rinkens und Marina Brants in Alsdorf. Im Schaffrathhaus ermöglichen sie einen Rundumblick auf das Lebenswerk des renommierten Glaskünstlers Ludwig Schaffrath. Der 1924 in Alsdorf geborene Kunstschaffende blieb seiner Heimatstadt immer treu. Seit 1962 arbeitete er im Stadtteil Ofden in seinem im Bauhausstil erbauten Atelierhaus. Dass er mitten in der Bergbausiedlung damit auffiel, erzählen die Anwohner heute noch, wenn sie das großzügige Künstlerhaus während einer der Führungen von Ursula Schaffrath-Busch besichtigen. Aber nicht nur durch sein Haus, sondern vielmehr durch seine vielfältigen und weltweit geschätzten Glaskunstwerke machte er von sich reden. „Mein Vater arbeitete bis zum letzten Tag. Deswegen können wir heute noch viele seiner Entwürfe umsetzen“, sagt die Tochter. Derzeit arbeite sie daran, die Entwürfe für die Chorfenster der Grabeskirche St. Josef in Aachen zu realisieren. Dann sind alle Glasflächen von Ludwig Schaffrath gestaltet und umgeben ihn, denn er wurde hier im Jahr 2011 bestattet. Es sei möglich, diese letzten Arbeiten noch umzusetzen, da der Künstler immer eng mit regionalen Glasereien – wie Oidtmann in Linnich oder Derix in Kevelaer – zusammenarbeitete und diese Mitarbeiter haben, die Schaffraths Handschrift in den Skizzen richtig deuten können.
Ludwig Schaffrath besaß zwei große Leidenschaften: das Zeichnen und das Fliegen. Bevor er beides ausleben konnte, verordneten ihm die Eltern jedoch eine Elektrikerlehre in Alsdorf. Erstmal etwas Handfestes lernen. Nebenbei ging der junge Schaffrath zum Segelflugplatz Merzbrück und verdiente sich bei Festen und Veranstaltungen die ersten Flugstunden mit Zeichnungen von Mensch und Maschine. Als er mit der Lehre fertig war, erhielt der Hobbyflieger im Krieg die Chance, seinen Pilotenschein zu machen, und meldete sich freiwillig. Halb Schaufenberg, der Ortsteil von Alsdorf, aus dem Ludwig Schaffrath stammt, befürchtete, man sähe ihn nie wieder und er verschwende seine Talente. Aber Schaffrath kam wieder, nachdem er 1945 den Abschuss seines Flugzeuges nur knapp überlebte, und widmete sich dann vollends seinen Talenten. Im Lazarett in Halle hörte er von der Werkschule für christliche Kunst, die Wilhelm Felix Schlüter gegründet hatte. 1946 und 1947 besuchte er die Schule, war aber unterfordert, weshalb ihn Schlüter an Anton Wendling vermittelte. Bei ihm arbeitete er als Assistent am Lehrstuhl Freihandzeichnen der Architekturabteilung an der RWTH Aachen. Wendling war es, der Schaffrath in die Richtung der Glaskunst führte, ihn zunächst seine Entwürfe vergrößern ließ, ihm mit der Zeit auch kleinere Aufträge überließ und fortan zum Ziehvater und Freund wurde. Seinen Durchbruch feierte Schaffrath 1962, als er für 32 Kreuzgangfenster im Aachener Dom beauftragt wurde. Seit den 1970er Jahren war er nicht nur ein weltweit geschätzter Künstler, sondern bekam auch Lehraufträge in Deutschland, England, Amerika, Japan und Australien. Sein größter Verdienst war es, die Glaskunst aus dem dekorativen, meist religiösen Gebrauch in eine eigenständige Kunstform zu transformieren.