Besonderheiten der Region Aachen – Teil zwei
8. Oktober 2015
Industrie: Je länger ich in der Region Aachen unterwegs bin, desto mehr verblüfft mich die Vielfalt der historischen Industriezweige und Handwerke: Tuchmacher, Korbmacher, Papiermacher, Gerber, Müller und dann der Bergbau verschiedener Bodenschätze wie Blei, Erz, Braun- und Steinkohl. Die Nadel-, Kalk-, Zucker-, Süßwaren- und Glasindustrie, die ehemalige Schirmfabrik und Drahtfabrik, Puddel- und Walzwerke, Blei- und Zinkhütten sowie die Feintuchherstellung und Töpferei. Seitdem ich die Region bereise, finde ich immer mehr Gefallen daran, über diese historischen Schienen Zusammenhänge zu erschließen und die Frage zu stellen, wie haben diese Formen der Erwerbstätigkeit Spuren in der kulturellen Landschaft und der Identität der Region hinterlassen. Es mag sein, dass ein solcher breiter Mix in Sachen Industriegeschichte überall anzufinden ist, dann habe ich das bisher einfach nicht so wahrgenommen und mir wurden durch das Projekt die Augen geöffnet. Aber wie auch immer, es macht jedenfalls Spaß, durch die Region zu fahren und immer wieder zu denken: „Ach, das wurde hier auch produziert, angebaut, hergestellt!“
Fahrradwege: Aachen ist eine fahrradfreundliche Stadt. So freundlich zu den Zweirädern, dass man sich als Fußgänger in manchen Straßen fragt, wo man denn bestenfalls laufen soll, da der Fahrradweg mittig auf dem Bürgersteig platziert ist. Läuft man nun dicht gedrängt an den Hauswänden oder ist man wagemutig und nimmt den schmalen Streifen am Fahrbahnrand? Dort, wo ich herkomme, in Bochum, sucht man die Fahrradwege, weil es sie selten gibt. Das steigert meine Verwirrung über die Einteilung der hiesigen Gehwege.
Telefonate: Das ein oder andere Telefonat, das ich führte, wurde so beendet: „Ich fahre jetzt über die Grenze und bin erst morgen wieder erreichbar.“
Kulinarik: Die Auswahl an Käsesorten und Spezialitäten auf den Wochenmärkten bestätigt meinen schon sehr frühen Eindruck davon, welch hohen Stellenwert die Kulinarik in der Region hat. Und wirklich überall in der Region gibt es Kaffeeröstereien. Gestern fuhr ich mit dem Schnellbus von Düren nach Euskirchen, auch auf diesem Weg habe ich sie angetroffen. Es ist wirklich ein flächendeckendes Phänomen, dem ich noch nachgehen werde. Warum ist das so? Wahrscheinlich aufgrund der Grenznähe, aber mal abwarten (wer Antworten weiß, darf sich gerne melden).
Rübenkampagne: Seit Mitte September rollt die Kampagne in Jülich und Euskirchen. Das mag für Einheimische etwas Gewöhnliches und jährlich Wiederkehrendes sein. Für mich von außen hat es etwas Exotisches. Noch nie hatte ich zuvor von dieser straff durchorganisierten Anfahrt auf die Zuckerfabriken gehört. Auch den Geruch sollte man mal wahrgenommen haben: Endloser weißer Dampf quillt von September bis Januar Tag und Nacht aus dem Schornstein der Fabrik und hüllt die Umgebung in einen süßlich-erdigen Geruch.
Richtung Köln: In Zülpich und Umgebung sind die Menschen sehr mitteilsam. Ihr Blick richtet sich nach Köln. Auch die Ausstellungen sind in ihrer Blickrichtung auf Köln ausgerichtet. Das heißt, wenn ein Bezugspunkt hergestellt wird, dann zu Köln, nicht etwa Aachen. Auch Flyer und Plakate habe ich eher für Köln als für Aachen gefunden. Mich würde interessieren, wo in der Region Aachen die Grenze verläuft. Also ab wo man sich eher zu Köln als zu Aachen zählt.