Die Gourmetbrüder

Folge 4: Jetzt geht’s um die Wurst (und um Wagyu und um Herford und um Flatiron und um…)

Das Foto zeigt eine Fleischtheke

Es waren einmal drei Brüder. Wolfgang, Michael und Stephan Otto wuchsen im beschaulichen Heinsberg auf. Doch schon bald zog es die drei fort aus den heimatlichen Gefilden. Michael zog nach Aachen, um Ingenieur zu werden und Stephan und Wolfgang studierten BWL. Und dann passierte es: „Wir kamen in die Männer-Midlifecrisis und wollten nochmal was Anderes machen“, sagt Wolfgang Otto. Hier beginnt sie, die Geschichte von den drei Brüdern und dem guten Fleisch.

Alles hat mit ein paar Gefriertruhen in der Garage vom Vater angefangen und dann ging es auch schon los. Genauer gesagt es ging ins Flugzeug: auf eine Reise zu den Fleischgurus der Feinschmeckerwelt. Sie flogen nach Japan, nach Frankreich und in die USA zu Dan Morgan, der ihnen beibrachte, was das Wagyu oder auch Kobe genannte Rind alles kann. Ursprünglich stammt diese Sorte Rinder aus Asien und soll – dem Mythos nach – so ein saftiges Fleisch liefern, da es jeden Tag massiert wird: „Das ist aber Quatsch!“

Schließlich begannen die Brüder mit einem Onlinefleischversand. Um sich jedoch auch unter den Profiköchen einen Namen zu machen, gingen sie wieder auf Reisen. Diesmal aber mit dem Auto. Im Kofferraum ein paar ausgewählten Produkte in der Kühlbox; ihr Ziel: Sternerestaurants. „Einige waren total belustigt, als wir drei in den Laden kamen und gesagt haben: ‚Hier! Gutes Fleisch! Probier‘ es aus!‘“, erzählt Wolfgang Otto. Geklappt hat es alle Male. Inzwischen beliefern die Heinsberger neun von zehn Drei-Sterne-Restaurants in Deutschland. Inzwischen arbeiten auch 83 Angestellte im Ottounternehmen.

In einer schnieken Fabrikhalle haben sich die Brüder ihr Fleischimperium aufgebaut. Raues Backsteinwerk und robuste Träger zieren Büroflächen und Lagerhalle. Im Foyer begrüßt ein stilechter Fleischtrockenraum (auch Dry-Ager genannt) alle Neuankömmlinge – auf den ersten Eindruck etwas befremdlich, aber darum geht es eben: Fleisch.Das Foto zeigt einen Fleischtrockenraum

Es ist 17 Uhr. Aus der Showküche am Ende des Gangs wabern bereits leckere Gerüche in die Büroräume. Heute: Rosmarinkartöffelchen begleitet vom Rotweinsößchen und Fleisch vom Webergrill. Mitessen können die Angestellten zwar nicht – dafür finden zu viele Veranstaltungen statt – aber, wenn mal ein Platz frei wird, dürfen sie die herrenlosen Plätze einnehmen. „Man muss schließlich wissen, was man verkauft“, findet Wolfgang Otto. Er liebt gutes Essen. Kann sich an seinen letzten Besuch im Discounter gar nicht mehr erinnern und will es auch nicht! „Da verzichte ich lieber.“ Und irgendwie glaubt man ihm das auch. Wolfgang Otto war selbst jahrelanger Vegetarier: „Als ich das meiner Mutter gestanden habe, reagierte sie nur mit: „Junge, du bist verrückt, willst du sterben?“ Er lacht. Heute isst er fünfmal die Woche vegetarisch. Am Wochenende gibt es dann Fleisch. Selbstgekocht. Natürlich! „Meine Frau schimpft immer: Mit dir kann man nirgends mehr essen gehen.“ Er zuckt mit den Schultern. Unter seinen Brüdern sei er der Feingeist; begleitet mit der Firma Kochevents auf Segelyachten und Nobelweingütern. Es hört sich ein bisschen an wie im Märchen. Noch vor elf Jahren in der Garage heute auf der Yacht oder in der Showküche. Vom Aschenputtel zur Fleischprinzessin – ok, der Vergleich war schlecht, ich versuche es nochmal: drei Brüder für Gutes Fleisch!

Das Foto zeigt ein FleischgerichtVorspeise: Black Angus Tartar ans der Flanke mit Rotebeete, karamellisierten Silberzwiebeln, Meerrettichcreme, Brotchips und KresseBeim Männerkochen durfte ich zwar nicht mitmachen, aber weil ich so lieb geguckt habe, durfte ich noch nach Heinsberg ins kleine Restaurant der Ottos fahren und dort auch mal probieren: Man kann schließlich nur über Dinge schreiben, die man kennt… Oder? ?

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