Das Foto zeigt zwei Menschen die an einem Tisch mit Puppen bei einem Kaffekränzchen sitzen

Austausch zwischen Ost und West

Wenn Tatjana Jurakowa und Waldemar Faber von ihren Puppen erzählen, glänzen ihre Augen. Bereits gut 50 solcher Puppen, Tischfiguren, Humanetten und Marionetten sowohl für Kinder- als auch Erwachsenenproduktionen haben sie bereits entwickelt und sie in der eigenen Puppenwerkstatt aus Pappmaché, Holz sowie viel Stoff und Faden zum Leben erweckt. „Sie sind wie unsere Babys“, sagt Diplom-Theaterregisseurin Tatjana Jurakowa. „Man kann mit ihnen mehr ausdrücken, als es den Schauspielern auf einer Bühne möglich ist. Etwa eine Hinrichtung, die muss bei uns nicht vorgetäuscht werden. Puppen können fliegen oder absurde Figuren darstellen“, erklärt Waldemar Faber, Vorsitzender des Aachener Vereins Art-Hilfe, die Faszination an dem Puppenspiel. Die beiden haben zwei ihrer kleinen Darsteller mitgebracht: Eine alte Dame im schwarzen Kleid mit Stock schaut mich an und ein Greis in Weiß mit Rauschebart schlüpft aus einer weißen Tasche. Er ist dem „Wintermärchen“ entsprungen, das das Jurakowa-Projekt im Dezember im Theater 99 aufführen wird. Seit sieben Jahren organisieren Jurakowa und Faber das Festival „Dialog Ost-West mit Schwerpunkt Figurentheater“. Ein Festival, bei dem die russische mit der europäischen Kultur ins Gespräch kommen, geographische Grenzen aufgebrochen und ein Zugang zur russischen Kultur ermöglicht werden sollen. „Wir sind beide aus Russland – sogar Sibirien, um genau zu sein – da liegt die Idee nahe“, schildert Tatjana Jurakowa.

Dieses Jahr lässt sich dieser Dialog der Kulturen bei zwei Gastspielen bestens erkennen: Die Russin Tatjana Khodorenko aus Göttingen nimmt sich der grimmschen „Frau Holle“ an. Und das südthüringische Meininger Puppentheater widmet sich dem russischen Märchentitel „Das Katzenhaus“. Vor sieben Jahren, beim ersten „Dialog Ost-West“, habe man sogar noch unterschiedliche Kunst- und Ausdrucksformen nebeneinander gestellt. Das Festival fand an einem einzigen Wochenende statt und neben dem Puppentheater wurden Maler ausgestellt und Performancekünstler traten auf. Mit der Zeit reduzierten die beiden das Programm des Festivals aber auf die Figurentheateraufführungen und entzerrten es aus Kräftegründen so, dass es mittlerweile über mehrere Monate hinweg andauert. „Unsere finale Idee ist, irgendwann ein internationales Festival auf die Beine zu stellen. Es sollen Gastspieler aus Spanien, Italien, am besten der ganzen Welt kommen. Denn Figurentheater gibt es überall“, erklärt Waldemar Faber die Vision. Da die beiden sehr gut in der Szene vernetzt sind, könnte das bald Wirklichkeit werden. Ein ordentlicher Schritt in diese Richtung ist mit dem Engagement der in Italien gefeierten Mezzo-Sopranistin Tamta Tarieli (Georgien) und der Pianistin Galina Ryzhikowa (Russland) für das russische Weihnachtskonzert im Januar in der Klangbrücke schon gelungen – wenngleich das Duo nicht das erste Mal im Rahmen des „Dialogs Ost West“ auftritt.

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