Das Foto zeigt wie Rüben mit Wasser abgespritzt werden

Die Königin der Feldfrüchte

Als ich hier in der Region Aachen zum ersten Mal das Wort Rübenkampagne hörte, konnte ich damit überhaupt nichts anfangen. Ich merkte aber sofort, dass es sich dabei um etwas Großes handeln muss. So erzählte man mir, dass die Rübenkampagne – also die Ernte und Ablieferung der Zuckerrüben in den Zuckerfabriken – früher ein monatelanges Verkehrschaos in Düren, Euskirchen und Jülich nach sich zog. Traktor an Traktor mit Tausenden Rüben steuerte auf das Werksgelände zu und die Städte wurden von dem Rübenstrom regelrecht ausgebremst. Heute sei das nicht mehr so gravierend, aber dafür sei eine ausgefeilte Logistik notwendig. Mir war sofort klar, dass ich mir die Rübenkampagne unbedingt anschauen werde, wenn ich schon zu diesem Zeitpunkt in der Region bin.

Sowohl für den Zuckerrübenanbau als auch für die Ernte benötigt der Landwirt viel Ausdauer und Fachwissen. Denn die Ernte dauert gerne mal bis nach Weihnachten an und ist komplizierter im Vergleich zu anderen Ackerprodukten. Auch bedarf es mehrerer Landmaschinen, um die Rübe vom Feld bis zur Zuckerfabrik zu bringen. Dafür fällt der Ertrag im Vergleich aber auch wesentlich üppiger aus: etwa 1.000 Euro pro Hektar höher als bei allen anderen Ackerpflanzen. Das bringt der Zuckerrübe den vielsagenden Namen „Königin der Feldfrüchte“ ein. Viele ungewöhnliche Wörter hat die Zuckerrübe geprägt: Rübenkampagne, Rübenbüro, Lademaus, Rübenschnitzel, Rübenpicker und Rübenverkehr, um nur einige zu nennen. So prägend, wie sie in ihren Anbaugebieten für Land, Leute, Logistik und den Lohnerwerb ist, so unbekannt scheint sie andernorts zu sein. Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Innofact zeigt, ein Drittel der Deutschen unter dreißig Jahren denke, bei Zucker handele es sich nicht um Naturprodukt, sondern um ein chemisches Erzeugnis. Aber genau das Gegenteil ist der Fall: Zucker ist ein rein biologisches Lebensmittel. Für stadt.land.text habe ich die Zuckergewinnung einmal näher angesehen. Hierfür durfte ich hinter die Kulisse der Zuckerfabrik Pfeifer & Langen im Werk Euskirchen schauen.

Mehr von Harald Gerhäusser