Meine erste Woche auf Instagram oder: Tag 3. Wald-Zitate und Bildrechtsverletzungen.

 

Ich will etwas posten, finde aber kein Foto auf meinem Handy. Mit 5 Megapixeln schießt man nicht so häufig, außer man steht auf diesen trüben Schleier des Nichtwissens.

Das einzige neue Foto, das ich auf dem Handy finde, habe ich während des Fahrradfahrens geschossen, beim Rheinschiene erkunden, nämlich im Naturschutzgebiet Eller Forst in Düsseldorf, weil ich schnell festhalten wollte, wo ich gewesen bin. Nicht für andere, nicht für Ruhm, nur für mich und meinen schrecklichen Orientierungssinn. Keine Ästhetik, keine schönen Farben, keine ruhige Hand. Spielte zu diesem Zeitpunkt ja auch noch keine Rolle, wie das Bild aussah.

 

 

Also lade ich das hässliche Handybild hoch.

Und jetzt?

Ich google „Wald-Zitate“. Bin überrascht, dass keine Flut von Peter Wohllebens O—Tönen meinen Bildschirm sprengt. Es gibt wohl noch andere Menschen, die über den Wald sprechen, zumindest gab es sie, vor Peter.

Der Wald ist das Krankenhaus unserer Seele.
(Hubert Maria Dietrich)

Ich füge einen moralischen Corona-Spruch hinzu. Erkläre den Leuten, dass man weiterhin spazieren gehen darf – entgegen der allgemeinen Internetentrüstung – aber eben alleine oder zu zweit. Was ja sowieso mehr Spaß macht. In Gruppen sieht man doch sowieso weder etwas vom Wald, noch hört die Vögel.

Ich gehe den Post nochmals durch, finde ihn selbst Panne, beschließe das alles wieder zu löschen, wenn die Leute ihn vergessen haben.

Mittlerweile weiß ich: Dafür gibt es Storys. Wenn nach 24 Stunden die Zeitspanne eintrifft, in der man alles Geschriebene total peinlich und viel zu emotional findet, muss man nicht im Dunkeln zum Briefkasten gehen und mit der Grillzange versuchen, den eigenen Brief herauszuangeln, ohne dass einen die Oma vom Fenster gegenüber beobachtet und 110 wählt, sondern die Eliminierung geschieht ganz von selbst und ZACK das peinliche Gefasel ist weg und wir wieder cool.

Nachts liege ich im Bett. Ich scrolle durch Instagram. Es ist nach Mitternacht und es kommt nicht wirklich was nach. Ich beschließe, etwas zu posten. Vielleicht nie eine gute Idee, so aus reiner Langeweile. Gilt auch für andere Sachen, die man so aus Langeweile tut. Ich finde auf meinem Handy ein Foto von mir und einer Freundin beim Brunchen. Ich mag das Foto. Ich mag sie. Es war ein cooler Tag. Wieso nicht. In meinem Kopf rattert es: Vielleicht solltest du keine Fotos von anderen Menschen posten, ohne sie um Erlaubnis zu fragen. Ich beschließe, es morgen direkt wieder zu löschen, wenn es ihr nicht gefällt. Sie gibt mir ein Herzchen. Vielleicht mag sie es. Vielleicht ist sie höflich. Vielleicht hat sie ein schlechtes Gewissen, weil sie mir so lange nicht geantwortet hat. Vielleicht ist es ihr auch einfach egal, weil ständig irgendwelche Fotos von fremden Menschen ohne deren Einwilligung gepostet werden.

Ich beschließe, das nicht mehr zu machen und professionell zu bleiben. Äh werden. Gleich morgen.

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P.S.: Wer mich (digital) auf meiner Tour zum Unterbacher See begleiten möchte, bei der das obige Foto entstanden ist, dem sei der nächste Post „Fahrt ins Blaue – mit dem Fahrrad zum Unterbacher See“ empfohlen.

Und wer Natur digital nich ganz soo fresh findet, melde sich. Regionschreiberin freut sich immer über Begleitung – und über Interviews 😉

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