Er machte die Glasmalerei autonom

Wo kann man sich einem Künstler besser nähern als in seinem Atelier? Diesen Gedanken verfolgen Ursula Schaffrath-Busch, Renate Rinkens und Marina Brants in Alsdorf. Im Schaffrathhaus ermöglichen sie einen Rundumblick auf das Lebenswerk des renommierten Glaskünstlers Ludwig Schaffrath. Der 1924 in Alsdorf geborene Kunstschaffende blieb seiner Heimatstadt immer treu. Seit 1962 arbeitete er im Stadtteil Ofden in seinem im Bauhausstil erbauten Atelierhaus. Dass er mitten in der Bergbausiedlung damit auffiel, erzählen die Anwohner heute noch, wenn sie das großzügige Künstlerhaus während einer der Führungen von Ursula Schaffrath-Busch besichtigen. Aber nicht nur durch sein Haus, sondern vielmehr durch seine vielfältigen und weltweit geschätzten Glaskunstwerke machte er von sich reden. „Mein Vater arbeitete bis zum letzten Tag. Deswegen können wir heute noch viele seiner Entwürfe umsetzen“, sagt die Tochter. Derzeit arbeite sie daran, die Entwürfe für die Chorfenster der Grabeskirche St. Josef in Aachen zu realisieren. Dann sind alle Glasflächen von Ludwig Schaffrath gestaltet und umgeben ihn, denn er wurde hier im Jahr 2011 bestattet. Es sei möglich, diese letzten Arbeiten noch umzusetzen, da der Künstler immer eng mit regionalen Glasereien – wie Oidtmann in Linnich oder Derix in Kevelaer – zusammenarbeitete und diese Mitarbeiter haben, die Schaffraths Handschrift in den Skizzen richtig deuten können.

Ludwig Schaffrath besaß zwei große Leidenschaften: das Zeichnen und das Fliegen. Bevor er beides ausleben konnte, verordneten ihm die Eltern jedoch eine Elektrikerlehre in Alsdorf. Erstmal etwas Handfestes lernen. Nebenbei ging der junge Schaffrath zum Segelflugplatz Merzbrück und verdiente sich bei Festen und Veranstaltungen die ersten Flugstunden mit Zeichnungen von Mensch und Maschine. Als er mit der Lehre fertig war, erhielt der Hobbyflieger im Krieg die Chance, seinen Pilotenschein zu machen, und meldete sich freiwillig. Halb Schaufenberg, der Ortsteil von Alsdorf, aus dem Ludwig Schaffrath stammt, befürchtete, man sähe ihn nie wieder und er verschwende seine Talente. Aber Schaffrath kam wieder, nachdem er 1945 den Abschuss seines Flugzeuges nur knapp überlebte, und widmete sich dann vollends seinen Talenten. Im Lazarett in Halle hörte er von der Werkschule für christliche Kunst, die Wilhelm Felix Schlüter gegründet hatte. 1946 und 1947 besuchte er die Schule, war aber unterfordert, weshalb ihn Schlüter an Anton Wendling vermittelte. Bei ihm arbeitete er als Assistent am Lehrstuhl Freihandzeichnen der Architekturabteilung an der RWTH Aachen. Wendling war es, der Schaffrath in die Richtung der Glaskunst führte, ihn zunächst seine Entwürfe vergrößern ließ, ihm mit der Zeit auch kleinere Aufträge überließ und fortan zum Ziehvater und Freund wurde. Seinen Durchbruch feierte Schaffrath 1962, als er für 32 Kreuzgangfenster im Aachener Dom beauftragt wurde. Seit den 1970er Jahren war er nicht nur ein weltweit geschätzter Künstler, sondern bekam auch Lehraufträge in Deutschland, England, Amerika, Japan und Australien. Sein größter Verdienst war es, die Glaskunst aus dem dekorativen, meist religiösen Gebrauch in eine eigenständige Kunstform zu transformieren.

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Vom Urknall bis zur Klimakatastrophe

Man kann sich schon fragen, ob es durch die schwarze Tür tatsächlich in die Ausstellung des Energeticons in Alsdorf geht. Derartige abgedunkelte Tore sind gewöhnlich eher Notausgänge, die da eben sein müssen, den Betrieb aber nicht weiter stören sollen. Geht man hindurch, versteht man aber das Konzept hinter der „dunklen Pforte“. Man betritt das Nichts. Die Dunkelheit. Den Zustand vor der Energie. Doch es kracht, donnert und blitzt am Himmel. An der Decke hängt eine große, feurige Kugel. Die Sonne als unser energetischer Motor. Man erfährt, dass die Sonne noch 900 Millionen Jahre Licht und Energie spendet, bevor sie zu heiß für das menschliche Leben werden wird. Für die menschliche Zeitrechnung gilt sie als unerschöpflich. Aus der Sonnenenergie resultieren neun Energiequellen: Vier davon sind fossil und fünf erneuerbar.

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Was, wenn es plötzlich nur noch die Ärzte und André Rieu gibt?

Erst vor Kurzem ist er in sein neues Büro in Eschweiler umgezogen. Aber an den Wänden des ehemaligen Zollhauses hängen schon Fotos von ihm und bekannten Musikern wie BAP, Tokio Hotel oder den Skorpions, um nur einige zu nennen.
Max Krieger ist Kulturmanager der Stadt Eschweiler und Stolberg, und ist in der Städteregion für viele Veranstaltungen bekannt, die er organisiert oder auch initiiert hat: Die Kurpark Classix, der Aachener Kultursommer auf dem Katschhof, Monschau Klassik, Stolberg Goes, das Eschweiler Musikfestival oder die Jazztage – überall zog oder zieht er im Hintergrund die Fäden, hat immer neue Ideen. Den Satz „Da gibt es etwas, das ich auf jeden Fall noch machen will“, habe ich bestimmt nicht als einzige aus seinem Mund gehört.
Weil Max Krieger die Kulturszene der Städteregion eben so gut kennt und prägt, habe ich mich mit ihm für ein Interview getroffen, und wollte wissen, was er so zum kulturellen Status Quo unserer Region zu sagen hat.

Schon 1998, als erstmals über eine mögliche Städteregion gesprochen wurde, glaubte er direkt an die Bündelung der Kulturangebote. Und „einiges ist ja auch schon daraus erwachsen“, sagt Krieger zum Beispiel im Hinblick auf das Kulturfestival X, das noch bis September verschiedene Orte der Städteregion bespielt.
Das Angebot sei also groß: Monschau zum Beispiel mit der Klassik und dem modernen Kunstmuseum KUK, Eschweiler mit dem Karneval oder Art Open, Stolberg mit seinem Festvial Stolberg Goes oder Kunst auf dem Weg, und Aachen zum Beispiel mit den Kurpark Classix oder dem Kultursommer.
Ja, das Angebot ist schon groß nur gibt es – so der Kulturmanager – ein Problem der Wahrnehmung. Vor allem die Medien seien hier gefragt, findet er, um „lokale Leuchtturmprojekte zu präsentieren – stellvertretend und als Schutz für alle kleineren Initiativen, die nicht alle die Aufmerksamkeit bekommen, die sie vielleicht verdient hätten.“
Was Krieger damit meint, sind vor allem die vielen Vereine, Volkshochschulen und engagierte Bürger, die einen großen Beitrag zur Kultur leisten.

Es klingt schon ziemlich plausibel, was Krieger sagt und er spricht mir fast aus der Seele, wenn er meint, dass das kulturelle Angebot in der Städteregion eigentlich recht groß ist und im Verborgenen viele kleine Initiativen und Projekte wirken, die Aufmerksamkeit verdient hätten.
Aber was ist dann der Grund, dass viele mit dem Freizeit- und Veranstaltungsangebot in der Region unzufrieden ist?
Max Krieger glaub nicht, dass es zu wenig sondern eher ein Überangebot an Kultur gibt – und mitunter eins, das nicht jeder Zielgruppe gerecht wird.

Die Älteren Menschen kann man zum Beispiel auf musikalischer Ebene mit dem herkömmlichen Klassikangebot der Städteregion hervorragend bedienen.
Schwieriger findet er es, ein jüngeres Publikum zu erreichen, das von der digitalen Welt immer mehr abgelenkt werde. Schüler und Studenten würden im regionalen Kulturangebot ein wenig vernachlässigt, findet er. Sie möchten „Kulturshopping“ am liebsten so einfach wie im Internet. Da reiche es manchen selbst nicht, dass zum Städteregionsfestival der Musiker Patrice kommt und die Karte nur 3 Euro kostet. Nein, dann sei manchen Aachenern der Weg nach Alsdorf noch zu weit.
Man müsse also die Kulturkonsumenten wieder gewinnen. Nur wie? Krieger sieht die Chance nicht in vereinzelten Showeinlagen bekannter Stars. Natürlich sei es von großem öffentlichen Interesse, mit großen Namen zu werben. Der Erfolg daraus sei allerdings rein kommerziell. Für die Gesellschaft bringe es herzlich wenig. Und wieder betont Krieger, dass man die kleinen regionalen Institutionen nicht vergessen darf. „Denn was passiert, wenn das Vereinsleben irgendwann ganz wegbricht? Dann gibt es nur noch Ärzte und André Rieu“, so Kriegers grenzextreme Prognose.

Dass zum Beispiel ein Jakobshof oder der Musikbunker in Aachen dicht machen sollen, das dürfte efinach nicht passieren. Diese Art von kultureller Grundversorgung müsse man unbedingt bewahren! Zum Beispiel, indem man junge Bands proben lässt: dafür setzt er sich selbst ein und stellt gleich neun Proberäume in der Eschweiler Schwellengasse jungen Musikern zur Verfügung. Bis vielleicht auch sie irgendwann als Fotomotive in seinem Arbeitsraum hängen.

Mehr von Ines Kubat