Interview 13 – keine Pause, keine Nacht

„Also es gibt quasi ne Disziplinierungs- und Strukturierungsaufgabe gegen den Virus, den digitalen. Nach der Vorlesung nicht am Rechner sitzen bleiben, sondern rausgehen, um nicht am Laptop hängen zu bleiben, die Mails müssen warten. Ich gehe auch viel mit Freunden in den Wald zurzeit.“

U. und ich haben uns trotzdem nicht im Wald getroffen, sondern vor dem Bildschirm. Mein erstes virtuelles Interview. Der Gegenüber ein zweidimensionales Pixelfeld, das Klappern der Schreibmaschine so laut, dass es per Videokonferenz noch schwerer ist, den Gegenüber zu verstehen. Dafür funktioniert es aber erstaunlich gut. U. findet das wohl auch, er sagt: „Jetzt geht ja auch irgendwie und es entsteht auch eine Nähe. Aber es ist doch nur ein Bild. Unscharf, verschwommen, verpixelt. Ich finde es spannend, dass die Zeit so eine Unschärfe macht.“

Wir reden auch darüber, ob sich etwas verändert hat, durch die Pandemie, den Lockdown. „Ja, unbedingt, also die online Zeit, die ich als nicht reale Zeit wahrnehme, hat sich verlängert. Alle Kollegen waren plötzlich ständig online. So als gäbe es plötzlich keine Zeitzone mehr. Keine Pause, keine Nacht. Weil ständig neue Ideen reinkamen. Es ist sehr viel langweiliger, sehr viel anstrengender. Was eigentlich nicht zusammenpasst, das passt eben doch, weil die Menschen fehlen.“

Aus Stuttgart werden im Lockdown ein Dorf: „Und eigentlich ist es ganz witzig: Wenn ich im Kiez umgehe, eine Pause habe, sehe ich immer die gleichen Menschen, ganz unterschiedliche Menschen, das macht etwas dörfliches.“

Wie er sich seinen Alltag in 5, 10, 20 Jahren vorstelle? „Es wird so ähnlich sein wie jetzt, aber es wird sich anders anfühlen. Vielleicht sind es ja die Einzelheiten, die die Qualität ausmachen. Es gibt da jetzt keinen Ort, keine Straße. Eigentlich schade. Weil wenn es so einen Sehnsuchtsort geben würde, könnte man darauf hinarbeiten, dorthin zu kommen.“

 

 

 

 

 

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