hat die zombies in die rückgebaute kirche gesperrt
in den sterbenden wald gejagt
tief vergraben unter den rotbuchenwurzeln der autonomen baumhäuser
der schwarz vermummte block
beantwortet lieber keine fragen
hat keinen bock
auf allzu klein kariertes
ist sich selbst
freundlich
antworten genug
nicht nur ihm fehlt
was WER
aus dantes inferno
abpumpt
aus brunnen ohne stöpseln
für IHR all zu gemeines wohl
unnatürlich
exlex
per gesetz
im schatten der friedhofsmauer
durch pandämlichen sicherheitsabstand
streng limitiert
braten wir kross in der sonne
nach dem pfannthastischen rezept
eines christlich motivierten patchworksupergauleiters
mit einem bunten resteeintopf
aus korruption, betrug, krieg und gewalt
gefickten sondermüllschicksalen
und fahrn fahrn fahrn
turbo auf der alten autobahn
mit e-bike hin und weg
ganz easy
ohne autowahn
hurrah
hambi bleibt
am sterben
weil wir sowieso nicht zusammen leben können
die bande of refugees
spukt derweil in the geisterhaus
der zug ist abgefahren
der bus fährt selten
no exit
aus die maus
entstanden unter dem eindruck der stadt.land.text -veranstaltung GEISTERDÖRFER UND SEHNSUCHTSORTE zusammen mit kolleg*innen, organisator*innen und führern beim gespräch mit waldschützern im hambacher wald am größten loch von NRW (hambacher tagebau) und dem bürgermeister von morschenich unter corona und der bevorstehenden sommerdürre. WER ist ein anagramm?
dortmund 10. merz 2020. satz mit SR: ’sreehnt = rheinhessisch für es regnet (…gott segnet die zettel werden nass). die nachrichten sind bedrückend: da kommt was auf uns zu! und ich bin ganz allein im fremden ruhrgebiet. und das mit fünf millionen anderen menschen, die so gar keinen abstand halten wollen. liegt ihnen wohl nicht im blut, den netten kumpels & kumpelinen. eigentlich wollte ich heute zuerst zum grab von richy huelsenbeck auf den nahen südwestfriedhof pilgern. beschließe aber auf dem weg lieber gleich zum dilL zu gehen. erst kommt das fressen, dann kommt die (arbeits-) moral. glücklicherweise kann ich mit der asphaltbibliotheque beides verbinden.
ich mag zwar regenwetter, aber im regen zu flanieren, nass zu werden – und nicht schwimmen zu gehen – macht mir schlechte laune. na wenigstens voher noch einen abstecher zum tremoniapark. hinterm dekorativen kreisel residiert die DMT und wacht angeblich über mich. soll ich sie dafür in mein nicht vorhandenes nachtgebet aufnehmen?
vor dem supermarkt finde ich zwei feuchte EKZ (zettelsammlerslang für einkaufszettel). ich bring meine farbenfrohen schäfchen ins trockene und lichte sie routiniert im ladenlokal beim einkaufen ab. der freundliche bäckereifachverkäufer meint, dass es zum friedhof gar nicht mehr so weit wäre und beschreibt mir den weg. als smartphoneverweigerer bin ich geradezu darauf angewiesen mit meinen mitmenschen zu kommunizieren und fremde menschen nach dem weg zu fragen: ist das nicht furchtbar?
hab doch noch keinen bock zurückzugehen und mach mich bei leichtem regen mit dem viel zu schwerem rucksack auf den weg. unterwegs werden weitere zettel eingesammelt und in das eigens dafür mitgeführte werbeprospekt zum trocknen eingelegt. nasses papier ist sehr empfindlich. wenn ich sie jetzt auseinanderfalte, würde ich sie in fetzen reissen. aufgelesen wird immer, gelesen wird bei regen erst zuhause. sammelrouten oder zettelsafaris plane ich eigentlich eher selten. mein leben bestimmt die kunst und nicht umgekehrt. aber ich muss mit und von meiner kunst leben.
der weg durch das dicht bebaute wohngebiet am rande des kreuzviertels immer die kuithanstraße entlang ist doch länger als ich dachte. endlich auf dem nassen friedhof angekommen frage ich zwei friedhofsgärtner mit minibagger nach dem grabmal von huelsenbeck. die beiden haben den namen des berühmten DADAisten allerdings noch nie gehört und wollen mir den weg zu irgendwelchen BVBmumien weisen. fußball ist opium für volker. irgendwann erinnert sich einer der beiden doch noch an ein auffälliges relief mit gedenkplatte und beschreibt mir den weg dorthin.
tatsächlich da ist es! direkt daneben liegt der dortmunder DADA-aktivist jürgen kalle wiersch und die von beiden beinflußten DADADOs haben 2018 auch einen gedenkstein hinterlassen. anlass war das 100jährigen jubiläum der bedeutensten europäischen nihilistischen kunst- und literaturbewegung, bei der huelsenbeck federführend war.
es ist immer noch am schiffen und winden. ich inszeniere schnell ein paar bilder und mache mich auf den heimweg. schulter und nacken schmerzen unter dem gewicht meines einkaufs. vor allem die beiden weinflaschen habens in sich und ich ahne warum profi-alkis auf hochprozentiges umsteigen: reine logistische vorsichtsmaße zur vorbeugung von späteren haltungsschäden. rücken hui – leber pfui! ich lasse den regen fallen und warte in einem graffiti besprühten haltestellenhäuschen vor dem leibnizgymnasium auf den bus, der mich zurück in meinen adlerhorst bringen wird.
dort finde ich glaub ich den karozettel. der regen hat die handschrift auf dem mittig gefalteten blatt wieder aufgeweicht und auf der gegenüberliegenden seite des blattes in spiegelschrift als tintenklecksographie wie für einen rohrschachtest abgedruckt:
(anmerkung des auflesers) ob F. ahnt, dass ihr sohn E. möglicherweise davon träumt ein kleines aber feines imperium für marihuana in dortmund aufzubauen, um irgendwann wie der filmheld ein legales leben in der oberschicht zu führen?
hier geht’s zum quarantäne-musikvideo-blockbuster THE GENTLEMEN mit einer interpretation der einverständniserklärung des alleinunterhalters BRANDSTIFTER LIVE VOM BÜGELBRETT.
Ort: Auf der Hälfte zwischen Athen und Reykjavik | Datum: So, 08.10.2017 | Wetter: wechselhaft, 10°C, oder: ein isländischer Sommertag
Stanislaw Mucha macht sich in seinem 2004 erschienenen Dokumentarfilm Die Mitte nicht auf, die Ränder und Grenzen Europas zu betrachten, wie es viele europäische Road Movies auf der Suche nach einer postmodernen europäischen Identität machen. Er fragt nicht nach dem Anfang oder Ende. Sondern er sucht das Zentrum des Kontinents. Er und sein Team begeben sich in zwölf Ortschaften, die allesamt behaupten, die Mitte Europas zu markieren. Seine Recherche führt ihn dabei nicht nur nach Deutschland und Österreich, sondern auch nach Polen, Litauen, die Slowakei und die Ukraine.
Zumindest diesen Herbst liegt sie vorübergehend im Münsterland, die Mitte Europas. Hier, auf halber Strecke zwischen Athen und Reykjavik, treffen Kunst aus dem hohen Norden und dem tiefen Süden Europas für zwei Monate intensiv aufeinander. Beim Münsterland Festival part 9. Auf der heutigen Kunsttour zur Eröffnung der Druckgrafik-Ausstellung im Dormitorium des Klosters Bentlage in Rheine und in der Galerie Münsterland Emsdetten sowie einer abschließenden Kuratorinnenführung zu Meeting Halfway im DA Kloster Gravenhorst ganz buchstäblich. KünstlerInnen und BesucherInnen sind im Bus gemeinsam unterwegs, machen an den drei Orten im Münsterland Station, kommen über Kunst ins Gespräch.
Kunst, Musik und Dialoge im Spannungsfeld von Gegenwart und Vergangenheit
Vielfalt und Facettenreichtum. Unterschiede und Gemeinsamkeiten. In Paraskevi Papadimitrious Werk mischen sich Medusenhäupter mit Playmobilmännchen und Aliens. Widersprüche in ein und demselben Körper der Gegenwart. Von der Drei- hin zur Zweidimensionalität und zurück. So kann man in Valgerður Hauksdóttirs Euphonie nicht nur verschiedene Ebenen und ihren Dialog entdecken, sondern auch durch sie hindurchschreiten. Ein Kunstbuch Anna Snædís Sigmarsdóttirs wird zur isländischen message in a bottle. Thanos Tsiousis erzählt in seinen Holzschnitten antike Muster neu. Ein Über- und Ineinander von Vergangenheit und Gegenwart.
Der isländische Fotograf Einar Falur Ingólfsson bereist auf den Spuren von W.G. Collingwood und Johannes Larsen Saga Sites. Konkrete Orte, die Eingang in die isländische Sagenwelt gefunden haben. Manche wirken bis auf den letzten Stein unverändert, in der Wildnis der Zeit enthoben. Manche im Tourismuszeitalter angekommen. Deutliche menschliche Spuren in der Landschaft. Verstrichene Zeit. Manche von der Natur wieder eingeholt. Ins Auge stechen die Fotografien von Zäunen, mitten in der Weite. Jeder Bauer baut sie aus dem, was er gerade (übrig) hat, hat einen eigenen Stil. Sie begrenzen nichts. Dienen allein den Tieren als Schutz, als Zufluchtsort vor der Witterung. Shelters.
Der Umgang mit den alten als eine Suche nach den neuen Mythen Europas?
Panos Kokkinias nimmt ebenfalls Landschaft in den Blick. Er inszeniert seine Fotos, wartet auf den perfekten Augenblick. Ein stilles Meer. Eine leere Ebene. Und setzt dann den Menschen hinein. In Konflikt? Verloren? Unheimlich? Der Betrachtende steht in Distanz zum Geschehen. Distanz, die Raum für Ironie und Befremden schafft. Yorgos Zois‘ Videoinstallationen beschäftigen sich mit der Wirtschaftskrise. Leere Werbeschilder wirken wie ihre Zeichen. Out of Frame. Casus Belli. Ein sich schließender Rollladen bringt eine ganze Gesellschaft zum Einsturz. Der Kollaps beginnt still, am Ende der Schlange, aber pflanzt sich von dort aus fort. Vor der Kulisse eines abgesperrten Amphitheaters.
Die unterschiedlichen Arbeiten werden zu Reiseführern ihrer Länder, die Klischees bestätigen und brechen. Es geht um das kulturelle Erbe und seine Bedeutung in der Gegenwart. Ganz materiell und figürlich bis hin zur abstrakten Einbindung in die druckgrafischen Werke der isländischen und griechischen KünstlerInnen. Zwischen Fiktion und Realität. Ein Zusammenbringen von Techniken, Mustern, Themen, Zeiten. Von Holzschnitten über Collagen und Fotografien bis hin zur Videoinstallation. Trotz aller Kontraste finden sich auch Parallelen in den künstlerischen Arbeiten: Natur, Sagenwelten, wirtschaftliche und gesellschaftliche Krisen und das Meer.
Treffen auf halber Strecke. Island – Griechenland. Nordatlantik – Mittelmeer. Ein Treffen in der Mitte. Einige Werke der Grafikprojekt-Ausstellung entstanden während der zweiwöchigen gemeinsamen Arbeit in der Druckwerkstatt auf dem Kloster Bentlage im Mai 2017 in Rheine. Begegnungen zwischen KünstlerInnen, Landschaften und Gedankenwelten. Porträtdrucke, über die sich Blumen ranken. Ein gestochenes Tagebuch mit Überraschungsmoment: das Wasser, das über Bündel aus Schwarzdornreisig rinnt. Geht man am Gradierwerk in Rheine entlang, schmecken die Lippen danach salzig. Wie nach einem Spaziergang am Meer.
Es regnete, und es regnete nicht. Feuchte Paletten und beige-braune Duschvorhänge vor Klospülungen, derbe Wassermotive. Aus den Containern elektronisches Wummern. In der Handynotiz steht „03:16 Uhr Handy Lampe Boden“. Es muss eine Geschichte dazu gegeben haben. Sie wurde mit der Notiz auserzählt. Ich möchte sie füllen, mit weiteren Notizen, bei denen es keiner weiteren Ausführung bedarf.
Etwa Stunden zuvor in der Kokerei Zollverein. Literaturgestalten bei Burger und Bier. Auf 23:34 Uhr terminiert, der Eintrag:
Gegenüber von Robert Menasse sitzen und Robert Menasse nicht erkennen, sich aber fragen, warum der Mann ein Buch von Robert Menasse vor sich liegen hat. Kurze Zeit später darauf hingewiesen werden, dass es sich bei dem Mann um Robert Menasse handelt. Robert Menasse aus Höflichkeit fragen, wie seine Veranstaltung war. Auf seinen Satz: „Woher soll ich das wissen? Das kann ich ja schlecht einschätzen“ antworten: „Also bitte, haben Sie denn keinen persönlichen Eindruck?“ Eine Schriftstellerfreundschaft wird das wohl eher nicht.
Vorgespult, Tage später, Nachtrag:
22:28 Uhr Als ich einmal Robert Menasse traf, den ich nicht als Robert Menasse erkannte und der dann drei Tage später mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde.
Zurück zur Nacht:
04:45 Uhr Die rechte Hand hebend, Handinnenflächen, -außenflächen im Wechsel drehend, seltsamer Move, ist das schon politisch? Der Boden hart wie Stein und Krümel von Zerbrochenem
Absatz (wahrscheinlich auch zeitlich):
Nebel, Rauch, plötzlich wieder Gesagtes
Und gestückelt, in den Wochen zuvor (Auswahl):
21:40 Uhr Dauergeweitete Pupillen und zorniger Zynismus
08:57 Uhr Nach drei Monaten alles sehen wollen, laufe ich nun an den Dingen vorbei.
22:56 Uhr Hornby sitzt mit BVB-Schal da, halb Jubel-, halb Buhrufe, Typ neben mir schläft, zu viel Fußball, Arsenal, obsessions or passions, Have you a clue about women now?, Hornby, der „Männererklärer“
21:25 Uhr Ab Dortmund: Iserlohn, 17:23 Uhr Gleis 3 oder ab Gelsenkirchen: 16:29 Uhr, Gleis 6, umsteigen in Dortmund auf den 17:23er. Zurück: 21:51 oder 22:51. Klempner anrufen
17:24 Uhr Eving, Brechten, Brambauer: Je weiter es raus aus dem Dortmunder Stadtgebiet und rein in die einst angelegten Arbeitersiedlungen geht, desto mehr Menschen stehen an offenen Fenstern. Postindustrielles Romantik-Motiv?
Ist postindustriell der richtige Begriff oder klingt es nur gut?
14:44 Uhr Wenn du dich an einen anderen Ort wünschst: Wer willst du dort sein?
21:55 Uhr Rosa Kotze
20:26 Uhr … und dann erschüttert es mich, dass es dunkel ist draußen.
Auf dem Wambachsee herrscht Feierabendstimmung. Hier platschen Kinder, da sitzen Paare in Tretbooten, in der Nähe des Ufers balanciert eine Gruppe auf Surfbrettern. Eine Frau in Sportbikini und Taucherbrille steht auf ihrem Surfbrett, die eine Hand in der Hüfte, in der anderen: eine Paddel. Sie spricht mit einem Mann in olivgrüner Montur am Ufer, Angel und Angelkoffer stehen ungenutzt neben ihm. Im Vorbeigehen ist zu hören:
„…und das Wetter war ja mal ein Traum. Nicht so wie hier. Zwei Wochen Mittelmeer, das kann schon was. Aber bevor die Arbeit wieder losgeht, musste das jetzt hier mal sein. Ist ja auch nicht alle Tage so.“
Der Angler nickt. Dann sind er und die Frau auf dem Surfbrett aus dem Bild, Radfahrer ziehen vorbei, in einem Gebüsch am Wegesrand zetert eine Amsel. 17:42 Uhr
Wambachsee, Masurensee, Böllertsee, Wolfssee, Wildförstersee und Haubachsee: Die durch Kiesabbau über Jahrzehnte hinweg entstandenen Seen werden seit den 1960er Jahren von der Stadt Duisburg betreut. Der Ausbau zum Freizeitort ist seitdem Priorität. Die Waldwege rund um die Seen werden zumeist von „Betreten verboten“-Schildern gerahmt – hier ist Naturschutzgebiet. Auch der Haubachsee ist nur über einen Beobachtungsstand einsehbar. Entsprechend groß ist die Vogelvielfalt. Für Wassersportler, Familien und Wochenendausflügler ist die Sechs-Seen-Platte willkommene Abwechslung zur Stadt, die etwa sechs Kilometer entfernt liegt. Freibad und Yacht-Club inklusive.
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